Das himmlische Heimatministerium
Die Deutschen haben im politischen Gespräch das Thema Heimat wiederentdeckt. Seit kurzem heißt das Innenministerium in Berlin sogar: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Diese drei Ressorts erinnern mich ans schwäbische „Schaffe, schaffe, Häusle baue“. Aber nicht nur für Schwaben sind die eigenen vier Wände wichtig, um sich daheim zu fühlen. Meine Mutter hat ein Bild ihres Elternhauses bei sich hängen: ein schönes Fachwerkhaus auf einem Dorf im Eichsfeld, an seinen Mauern klettert wilder Wein hoch, und es steht an der Straße zur Kirche, in der mein Opa Küster war. Das Bild ist kein großes Kunstwerk. Mein Opa war Schuhmacher und hat einem fahrenden Maler mal ein paar Schuhe repariert, der Maler konnte es ihm nicht zahlen. Stattdessen hat er ihm einfach dieses Bild gemalt und mein Opa hat es damit gut sein lassen. Für meine Mutter und auch für uns, ihre Kinder, ist das Bild ein Stück Heimat. Aber ist Heimat nicht viel mehr als ein Haus, so schön es auch ist?
„Daheim bist du dort, wo man sich freut, wenn du wiederkommst“, das hat mir eine Freundin mal bei einem Abschied geschrieben, als ich nach ein paar Jahren die Stadt wieder verlassen musste. Es hat mich getröstet. Sie hat mir den Abschied leichter gemacht, weil sie mir damit sagte: Es war schön, dass du hier zu Hause warst, aber es wird auch schön sein, wenn wir uns hier wiedersehen. Da habe ich bemerkt: Heimat ist für mich vor allem ein Zuhause in Beziehungen. Sie ist nicht an Stadt, Land und Fluss gebunden, vielleicht noch nicht einmal an Deutsche und ihre Sprache und ihre Kultur, wohl aber daran, dass ich verstanden werde, dass ich gekannt und angenommen bin. Viele Orte können so zur Heimat werden, das habe ich schon oft im Urlaub so erlebt: Nach ein paar Tagen, manchmal schon nach wenigen Stunden kann ich mich an einem fremden Ort wie zuhause fühlen.
„Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?“ (Joh 14,2) So spricht Jesus über den Himmel. Er ist so etwas wie der Heimatsminister seines himmlischen Vaters, der auch mir dort eine Wohnung bereiten möchte. Der Himmel ist also kein bürgerliches Einfamilienhaus, das ich selbst gebaut hätte. Jesus spricht vom Himmel wie von einem riesigen bunten Hochhaus. Es ist kein anonymer Mietbau, denn Jesus kennt und empfängt mich. Aber nicht nur mich, viele treffe ich dort wohl wieder: meine Nachbarn rechts und links, meine Arbeitskollegin, die Flüchtlinge aus der Unterkunft nebenan, die Studierenden auf unserem Hochschulcampus, aber auch die obdachlosen Drogenabhängigen und den Straßenmusiker mit der Gitarre. Wenn ich ihnen heute begegne, dann weiß ich: Wir haben ein gemeinsames Zuhause bei Gott, zu dem wir jetzt noch unterwegs sind.