Mopedfahrer sein – Zum Auftakt der Bikersaison in der Wetterau
Ich hab’s immer nur auf den Rücksitz geschafft.
„Viel zu gefährlich“, hat meine Mutter gesagt, „von so einem Motorrad bleibst du mir weg.“ Und dabei ist es dann auch geblieben.
Die doppelten Leitplanken an den kurvigen Bikerstrecken im Vogelsberg scheinen ihr Recht zugeben. Sie sollen das Schlimmste verhindern, wenn ein Biker einen kleinen Moment unachtsam ist. Motorradfahren ist gefährlich.
Das Risiko zu beherrschen fasziniert, aber da ist noch mehr: Eine Freundin hat mir ihre Liebe zum Motorrad mit einem Sprichwort erklärt:
Ein Auto bewegt den Körper, ein Motorrad bewegt die Seele. „Klar“, sagt sie, „mit dem Auto könnte man es bequemer haben, trockener und sicherer, aber darum geht es nicht. Biker fahren nicht ein Motorrad, sie sind Mopedfahrer und Mopedfahren bewegt die Seele.
Auf dem Motorrad sind alle gleich, unsere Leidenschaft verbindet uns.
Biker grüßen sich, wenn sie sich auf der Straße entgegenkommen, auch wenn sie nicht wissen, wer da unter dem Helm steckt. Da hat vielleicht jemand gerade das schicke Kostüm gegen die Lederkombi getauscht oder den Blaumann gegen die Fransenjacke. Auch unter den Bikern gibt es die gut Verdienenden und die, die jeden Euro umdrehen müssen, die Lauten und die Vorsichtigen. Trotzdem sind wir eine verschworene Gemeinschaft, in der wir so sein dürfen wie wir sind.“
So erzählt es mir die Biker-Freundin.
Und ich denke: Was die Mopedfahrergemeinde lebt, ist dem ganz nahe, was der Apostel Paulus den Christen zugesagt hat:
„Es spielt keine Rolle mehr, ob ihr Juden seid oder Griechen, Sklaven oder freie Menschen, Männer oder Frauen, ihr seid alle einer in Christus. (Gal 3,26-28)
Viele der Biker, die heute zum Anlassen nach Niederflorstadt fahren, kennen die Faszination, frei zu sein, bejaht und respektiert als Person. Das feiern sie im Gottesdienst und starten dann gesegnet in den Sommer.
Um dabei sein zu können, hätte ich mir wohl einen Platz auf einem Rücksitz besorgen müssen. So tröste ich mich damit:
Wir sind alle eins in Christus, das gilt nicht nur für Mopedfahrer.