Namenstag

Ein Beitrag von Tanja Griesel, Evangelische Pfarrerin, Fritzlar

Namen sind Schall und Rauch. Zumindest behauptet das eine Redensart. Ich glaube nicht, dass Namen so flüchtig sind, denn sie haben eine Bedeutung. Das Kalender­blatt heute Morgen erinnert mich daran. Am 12. Januar, so steht es da, habe ich Namenstag. Ich heiße Tanja. Und mein Name bedeutet: die Mutige. Den Namenstag zu feiern, ist eher eine katholische Tradition. Mir gefällt der Brauch. Meine Groß­mutter hat an ihrem Namenstag regelmäßig eine Kerze angezündet. Namen sind ja nicht willkürlich gewählt. Wenn ein Kind geboren wird, erhält es einen Namen. Die Namensgebung hat immer auch etwas mit persönlichen Vorlieben, Hoffnungen und Wünschen für das Kind zu tun, aber egal, wie die Wahl ausfällt: Namen sind Teil unserer Persönlichkeit. Sie gehören zu uns. Sie sind nicht austauschbar. Ich bin ein Mensch mit einem Namen – und nicht einfach nur „die da“. 

Es ist höflich und auch wertschätzend, wenn man mit dem Namen angeredet wird. Besonders überrascht war ich, als ich neulich auf einer Fortbildung sogar mit Namen angeredet wurde, ohne dass ich mich vorgestellt hatte. „Hallo, Frau Griesel“, be­grüßte mich die Referentin, „schön sie kennenzulernen.“ Wow, das hat mich beeindruckt. Ich wünsche mir, dass ich selbst auch immer so aufmerksam gegenüber anderen bin, wie diese Referentin. Mir passiert es hin und wieder, dass ich Namen verwechsle oder mir Namen partout nicht einfallen. Manchmal hilft es, mir Namen aufzuschreiben.
„Ich habe deinen Namen in meine Hand geschrieben (Jes 49,16).“ Das sagt der Prophet Jesaja über Gott. Mir gefällt das Bild. Gott kennt mich mit Namen. Ich gehöre zu ihm. Er vergisst mich nicht. Ich bin ein unverwechselbarer Mensch, einzig­artig und wertvoll.
Namen sind eben nicht einfach nur Schall und Rauch. Ich nehme mir vor, heute Abend noch einmal darüber nachzudenken, wo mein Name „die Mutige“ zu mir passt und wo ich noch mehr Mut brauche. Vielleicht zünde ich dazu eine Kerze an.