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Lust am Leben, auch wenn mich was runterzieht
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Lust am Leben, auch wenn mich was runterzieht

Thomas Zels
Ein Beitrag von Thomas Zels, Pastor, Freie evangelische Gemeinden Marburg

„Ziemlich beste Freunde“ war der erfolgreichste französische Kinofilm 2011. Neunzehn Millionen Franzosen haben sich die Komödie angesehen. Im folgenden Jahr schaffte der Film es auch an die Spitze der deutschen Kinocharts. „Ziemlich beste Freunde“ ist der weltweit größte Erfolg, den ein nicht-englischsprachiger Film auf dem internationalen Markt je erzielt hat.

Auch mich hat die Geschichte berührt. Denn der Film weckt Lust am Leben, obwohl einem hart mitgespielt werden kann. Lust am Leben, auch wenn mich was runterzieht – das scheint möglich zu sein.

Die Komödie beruht auf einer wahren Geschichte, nämlich der des ehemaligen Geschäftsführers Philippe Pozzo di Borgo, der im Juni 1993 beim Paragliding abstürzte und seither komplett gelähmt ist. Der Film schildert ziemlich wahrheitsgetreu eine entscheidende Phase seines Lebens. Philippe führt finanziell das perfekte Leben. Er hat eine Heerschar von Hausangestellten, ist reich, adlig, gebildet und sieht immer noch ganz gut aus nach seinem Unfall – aber ohne fremde Hilfe geht eben nichts. Eines Tages taucht Driss in Philippes geordnetem Leben auf. Der junge Mann, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde, will eigentlich nur einen Bewerbungs-Stempel für seine Arbeitslosenunterstützung haben, und auf den ersten Blick eignet sich das charmante Großmaul aus der Vorstadt auch überhaupt nicht für den Job als Pfleger. Doch seine unbekümmerte, freche Art macht Philippe neugierig. Spontan engagiert er Driss und gibt ihm zwei Wochen Zeit, sich zu bewähren. Aber passen Mozart und Earth, Wind & Fire wirklich zusammen, Poesie und derbe Sprüche, feiner Zwirn und Kapuzenshirts?

Es ist der Beginn einer verrückten und wunderbaren Freundschaft, die Philippe und Driss nachhaltig verändern wird. Der neue Pfleger krempelt das Leben des verbitterten Kranken komplett um durch seine unangepasste Lebenslust. Er sieht seinen Patienten nie nur als bedauernswertes Unfallopfer, sondern fordert ihn heraus, lässt sich einfach nicht von dessen deprimierenden Lage anstecken und verleitet ihn zu Sachen, die der längst schon abgeschrieben hatte. Und der Kranke lässt sich mehr und mehr auf seinen Begleiter ein. Die Verhältnisse des Geschäftsmanns und die unverwüstliche Energie seines neuen Pflegers bilden zusammen bald eine erstaunliche Einheit. Das Leben des Kranken wird mit der Zeit erneut liebenswert und lebenswert. Statt verbitterter Selbstaufgabe wächst wieder Lust am Leben! Eine wahre Geschichte und ein toller Film! Aber, ist das nur ein glücklicher Einzelfall, oder steckt eine Chance für viele darin?

Lust am Leben, auch wenn mich was runterzieht – geht sowas? Wahrscheinlich nicht ohne Hilfe. Freunde machen glücklich und verhelfen sogar zu einem längeren und gesünderen Leben. Einsame Menschen stehen unter dem Stress, alleine mit allen Schwierigkeiten klarkommen zu müssen. \"Auf die Dauer nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an\", sagte der römische Kaiser Marc Aurel. Das stimmt auch, wenn es ums Glück geht. Wer die Welt mit positiven Augen sieht, sich häufiger das Schöne im Leben bewusstmacht, ist glücklicher. Selbst Menschen, die eher griesgrämig durchs Leben gehen, können so lernen, glücklicher zu leben. Und das geht eben besser mit guten Freunden. Ich wünschte jedem, der ein schweres Herz hat, so einen lebenslustigen Begleiter, wie in dem Film „Ziemlich beste Freunde“. Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?

In der Bibel steht ein erstaunlicher Satz. Er lautet: „Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ Dieser Satz ist schon zweieinhalbtausend Jahre alt und wurde ursprünglich von einem Propheten Israels weitergegeben. Er ist für 2017 zur sogenannten Jahreslosung der christlichen Kirchen gewählt worden. Also zu einer Art Motto für das laufende Jahr.

Ein leichteres und glücklicheres Herz, trotz beschwerlichen Umständen? Klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Dahinter steckt aber eine Chance, auf die jeder zugreifen kann. Die Bibel sagt, wer sich dem auferstandenen Jesus anvertraut, der bekommt Gottes Geist. Und ein neues Herz, das sich von ihm leiten lassen kann.

Wer nicht aus seiner Haut rauskommt, kann Gott dennoch reinlassen. Sozusagen als Freund und Begleiter. Wer sich selbst nicht verändert kriegt, dem kann Gott dennoch etwas schenken, das von ihm kommt. Nämlich ein Herz mit Vertrauen und Antennen für ihn. Das menschliche Herz gilt als Sinnbild unsers Lebens und all unserer inneren Beweggründe. Es besitzt einen eigenen Blutkreislauf und ein eigenes Nervensystem. Männer, die zum Beispiel das Herz einer Frau implantiert bekamen, berichten häufig von einer ganz neuen Gefühlswelt nach der OP.

Vielleicht gilt das auch übertragen zwischen uns und Gott. Gott ist allgegenwärtig. Jesus sagt: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt. Diese Nähe Gottes ist ein Geschenk, aber Geschenke muss man eben auch annehmen. Sonst hat man sie nicht. Und welche Auswirkungen kann es haben, wenn mich Gott begleitet, mir sozusagen eine neue Gefühlwelt schenkt? Was kann passieren, wenn ich mich auf Jesus eingelassen habe und dadurch Gottes Geist als Begleiter in mein Leben gekommen ist?

Es ist ein wenig so, wie in diesem Film „Ziemlich beste Freunde“. Dann habe ich im übertragenen Sinn ein neues Herz, das ihn kennen lernen und sich mehr und mehr auf ihn einlassen kann. Als junger Christ war ich zum Beispiel so verklemmt, dass ich meinen Mund nicht aufbekam, wenn mehr als zwei, drei Leute dabei waren. Darum wollte ich Kunst studieren, um meine Kreativität auszuleben. Aber Gott lockte mich auf ein ganz anderes Gebiet, auch durch Anregung von Freunden. Werde doch Pastor, meinten sie. Ich fand das zu abenteuerlich und sah nicht die nötigen Voraussetzungen. Aber ich hab mich schließlich doch darauf eingelassen mit dem Gedanken: Wenn das richtig sein sollte, dann hänge ich mich einfach mal dran. Im Rückblick sehe ich, dass ausgerechnet dieser Beruf mir voll entspricht. Er hat versteckte Fähigkeiten in mir geweckt. Trotz vieler unbeantworteter Fragen und Zweifel. Und obwohl mir nicht alles automaisch gelang. Aber heute bin ich dankbar, das gewagt zu haben.

Gottes Geist fordert mich dazu heraus, ihm und seinem Wort zu vertrauen. Wo ich Grenzen habe, hat Gott sie nicht. Wo ich hilflos bin, weiß er Rat. Wenn ich zusammensinke, richtet er mich wieder auf. Wenn ich aufgeben will, fragt er lachend: Hast du mich schon wieder vergessen? ​Dadurch werden meine menschlichen Grenzen nicht aufgehoben. Ich habe nicht immer Erfolg. Aber mit Gott an meiner Seite wird das Leben immer wieder zu einem neuen Abenteuer. Je mehr ich mich auf ihn einlasse, desto mehr erlebe ich davon.

Dinge sind auf einmal möglich, die ich längst abgeschrieben hatte, so wie der gelähmte Geschäftsmann in dem Film schon verbittert alles Schöne zu den Akten gelegt hatte. Aber Jesus sagt: Ich bin gekommen, um ihnen Leben zu bringen – Leben in ganzer Fülle.

So wie der neue Pfleger im Film das Leben des verbitterten Kranken in neue Bahnen lenkt durch seine unangepasste Lebenslust, so will es Gott in meinem Leben auch machen. Er sieht mich nie festgelegt auf eine Rolle, sondern fordert mich heraus, lässt sich einfach nicht von meiner Schwarzmalerei anstecken und verleitet mich zu Sachen, die ich längst schon abgeschrieben hatte. Ich lasse mich mehr und mehr auf diesen Begleiter ein. Meine Bereitschaft und die unverwüstliche Energie Gottes bilden zusammen eine erstaunliche Einheit. Deshalb ist mein Leben liebenswert und lebenswert, trotz aller Einschränkungen, die ich immer noch erleide. Lust am Leben ist dennoch möglich! Und dieses abenteuerliche Leben wird selbst dann nicht enden, wenn mein irdisches Herz mal nicht mehr schlägt. Gott rettet mich in seine Welt, weil ich sein Kind bin. Und da gibt er mir alles wieder neu, viel besser, und für ewig.

„Gott spricht: Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ – Die Chance auf neue Lust am Leben, auch wenn mich was runterzieht.

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