Im Labyrinth des Lebens
In diesem Sommer haben wir ein Labyrinth besucht. Ein begehbares, um genau zu sein, im Garten der evangelischen Kirchengemeinde in Reisen im Odenwald. 10 m breit und genauso lang, kreisförmig angelegt. Der Weg ist umrahmt von Lavendel und sieht auf den ersten Blick sehr verworren aus. Auf den zweiten erkennt man, dass da ein geordnetes Wegesystem ist- dass es eigentlich nur ein Weg ist, der gewunden zu seinem Ziel schlängelt. Die Mitte!
Ein Labyrinth ist kein Irrgarten. Im Irrgarten kann man sich hoffnungslos verlaufen. Ein Labyrinth ist zwar auch kompliziert, aber der lange Weg führt immer zum Ziel. Alle Kinder waren sofort neugierig und rannten los: „Los- wir gehen da rein!“ Am Anfang war es noch spannend, den Linien zu folgen und sich der Mitte zu nähern. „Da ist ja schon das Ziel!“ Aber auf einmal die Enttäuschung: „Der Weg führt ja ganz woanders hin! Mamaaaaaa… wir müssen nochmal nach ganz außen gehen…Nee, oder?“
Viermal täuschte uns das Labyrinth. Es sah aus, als würden wir gleich die Mitte erreichen. Aber jedes Mal führte der Weg wieder nach außen. Am Ende kamen wir natürlich doch an. Die Mitte kam uns weit und groß vor im Vergleich zu dem engen Weg, den wir zurückgelegt hatten. Dabei war es nur ein kleiner Platz von ca 3 qm. Die Kinder ließen sich gleich auf den Boden fallen: „Hier ist es schön. Hier bleiben wir jetzt!“
Labyrinthe sind Jahrtausende alt. Die ältesten entstanden wohl in Griechenland. Der Weg hindurch war schon immer eine Form von Meditation. Ein Labyrinth lädt ein, über den eigenen Lebensweg nachzudenken. „Habe ich die Mitte noch im Blick?“ Und es bildet Lebenserfahrung ab. Da hat man das Gefühl, ganz dicht dran zu sein an der Mitte, am Kern, am Glück, am erfülltem Leben… und auf einmal führt einen der Weg wieder davon weg. Das kenne ich nur zu gut.
Aber auch das lehrt mich ein Labyrinth: Die Mitte bleibt, auch wenn ich sie manchmal aus den Augen verliere. Sie wartet am Ende des Weges auf mich. Und das finde ich sehr tröstlich.