Wertschätzung
Ein Wort macht seit einiger Zeit richtig Karriere, das Wort Wertschätzung. Ich finde das toll. Hoffentlich nutzt es sich nicht so bald ab wie so viele Modeworte. Im Wort Wertschätzung steckt so viel drin! Wertschätzung heißt: Den wirklichen Wert eines Menschen oder einer Sache erkennen und zu schätzen wissen. Das ist die gute Nachricht.
Die schlechte: Wertschätzung ist genau das, was viele Menschen sehr vermissen, im Beruf, in der Familie, im Alltag. Es gibt offenbar viel mehr Sehnsucht nach Wert-schätzung als die Bereitschaft, sie zu geben.
Wochenlang haben die Erzieherinnen und Erzieher in kommunalen Kindertagesstätten gestreikt. Sie wurden bisher miserabel bezahlt, wie übrigens die meisten sozialen Berufe, die unmittelbar mit Menschen zu tun haben. Wer Akten umschichtet oder Rechner programmiert, verdient im Zweifel deutlich mehr. Sind Menschen denn wirklich weniger wert als Computer?
Leidenschaftlich verlangen die Streikenden in den Kitas mehr Wertschätzung. Die drückt sich in unserer Gesellschaft nun mal nicht nur in freundlichen Worten aus, sondern auch in Monatsgehältern. Das mögen die Arbeitgeber zwar überhaupt nicht hören, es stimmt aber trotzdem. Die Wertschätzung für die Nähe zum Menschen ist in unserem Land nicht hoch genug.
Heute, am Fronleichnamstag, erinnern viele katholischen Christen sich und ihre Umwelt daran, dass nach dem christlichen Glauben Gott einst ein Mensch wurde und heute noch unter uns ist – Jesus Christus. Man muss sich den Prozessionen aus diesem Anlass nicht unbedingt anschließen. Dass aber Gottes Wertschätzung zu allererst den Menschen gilt, den Menschen, den Menschen, und noch einmal den Menschen und nicht Bilanzen, nicht Aktenordnern und nicht Datenspeichern, das macht diesen Tag so wichtig. Ganz besonders für alle, die sich nach Wertschätzung sehnen.
