Der Segen im Frankfurter Hauptbahnhof
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Der Segen im Frankfurter Hauptbahnhof

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel

Neulich wurde ich gesegnet. Nicht am Ende des Gottesdienstes wie alle, die in der Kirche sind. Nein, ganz persönlich, mitten im Frankfurter Hauptbahnhof. Ich stand einfach so da und wartete auf meinen Zug. Plötzlich kommt ein junger Mann auf mich zu und fragt: „Haben Sie mal einen Euro für mich?“ Ich wusste, dass ich eine Münze in der Tasche habe, und gebe sie ihm. Da sagt er: „Gott segne Sie!“ Ich bin überrascht und sage: „Danke!“ Während er weitergeht, sagt er noch einmal: „Gott segne Sie!“ Das hat er ernst gemeint. Er hätte ja auch sagen können: „Alles Gute!“ oder: „Viel Glück!“ Aber nein, er sagt: „Gott segne sie!“

Ich gebe zu, es hat mich gefreut. Segen ist mehr als Glück, auch mehr als „Alles Gute“. Segen meint immer eine höhere Weisheit. Glück und Gutes sind Allerweltsworte, jeden Tag hundertmal gebraucht und gewünscht. Segen ist noch ein besonderer Wunsch: Der liebe Gott soll auf Dich aufpassen, soll dich beschützen, soll sich in deinen Weg stellen, wenn’s sein muss. Segen ist mehr als Ich und Du. Es gehört ein dritter dazu. Wer einen anderen Menschen segnet, sagt: Ich kann jetzt nichts mehr für dich tun, aber ich bitte Gott, sich um dich zu kümmern.

Das war schön neulich mit dem Segen im Frankfurter Hauptbahnhof. Dort ist alles schnell, laut, geschäftig. Wenn ein Zug einfährt, strömen Hunderte durch die Gänge. Mit Koffern, Getränken in der Hand. Viele mit der Hoffnung, den Anschluss nicht zu verpassen. Mittendrin auf einmal einer, der segnet. Sich also nicht aufs Glück verlässt, sondern seinen Euro nimmt und mich dem lieben Gott anbefiehlt. Mehr kann man nicht tun, wenn man sich sorgt um die, die mit uns leben. Gott segne dich, kleines Kind auf dem Weg zur Schule. Gott behüte dich, junger Mann auf großer Reise. Gott schütze dich, alte Frau, die du krank bist. Gott segne alle, die Kummer haben. Damit sie froh werden.

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