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Isaak
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Isaak

Eva Rudolf
Ein Beitrag von Eva Rudolf, Redakteurin im Bistum Fulda

Der Junge hat das Feuerholz auf dem Rücken. Sein Vater trägt die Laterne mit der Glut und das Messer. Der Junge fragt: „Sag mal, Vater, so ganz ohne Fleisch..., bloß Holz und Feuer, was soll das denn für ein komisches Brandopfer werden? Meinst Du nicht, da fehlt noch etwas?“

Äußerlich antwortet Abraham scheinheilig. „Keine Bange mein Sohn. Gott wird uns schon ein Opfertier zeigen.“ Innerlich muss er beben. „Wir haben alles dabei, mein Sohn. Du bist das Opfer.“ Isaak, das ersehnte Kind. Schon bei seiner Geburt waren die Eltern steinalt. Wenn Abraham den tötet, ist alles aus. Aber so ist Abraham. Gott sagt etwas, und Abraham tut. Das war schon öfter so. Befehl ist Befehl. „Opfere mir deinen Sohn auf dem Berg Morija!“ „Wird gemacht.“ Und er lässt den Jungen das Feuerholz tragen. Lässt ihn sozusagen sein eigenes Grab schaufeln. Dann aber kommt es doch nicht dazu. Ein Engel gebietet Einhalt. Der Junge wird durch einen Bock ausgelöst.

Und dennoch! Allein der Gedanke! Ich muss mich schützen vor dem, der einen Vater dazu bringt. Ich kann das nicht hinnehmen. Das Kind darf nicht gefordert werden. Wer ein Kind opfern würde, darf nicht zum Vorbild werden. Scheinheiligkeit darf nicht heilig genannt werden. Ich protestiere.

Und dann streiche ich die Geschichte zusammen. Und nehme alles heraus, was nicht sein darf. Viel bleibt dann nicht mehr von der Geschichte übrig: Da ist dieser Mann, und er macht mit seinem Sohn eine Wanderung. Und vielleicht machen die beiden ein Lagerfeuer. Was bleibt von Gott? Wenn ich die Anstiftung zum Ritualmord, die Gott zugeschrieben wird, ausradiere? Dann bleibt die Forderung, dass Menschen die Entscheidung über Leben und Tod aus der Hand geben müssen.

Die Entscheidung über Leben und Tod aus der Hand geben. Dass muss ich jeden Tag. Ich muss es, wenn ich die Nachrichten sehe und die erschöpften Opfer der Naturkatastrophe oder die zitternden Unschuldigen im Bürgerkrieg. Ich muss loslassen, wenn mir einer von seiner Krankheit erzählt, die er hoffentlich überleben wird, aber wenn: dann ohne mein Zutun. Ich muss die Entscheidung über Leben und Tod aus der Hand geben, wenn ich meine Lieben zum Abschied küsse und nicht weiß, ob wir uns wieder sehen. Ich bin hilflos. Und das tut weh. Wenn man bloß mehr tun könnte! Mehr als ein bisschen Trost oder Hilfe spenden und den Sicherheitsgurt anlegen!

Grundsätzlich ist die Entscheidung für das Leben getroffen. Gott hat es gewollt. Und mir trägt er auf zu tun, was dem Leben dient: Die Hungernden speisen, die Kranken versorgen, die Menschen lieben. Aber ich habe das Leben nicht in der Hand. Ich kann es nicht herstellen. Ich bestimme nicht sein Ende. Es steht nicht zur Verfügung. Diese Erkenntnis ist es, die die Isaaksgeschichte ihren Hörern abverlangt. Das Leben gehört Gott. Bei ihm ist es in guten Händen. Lass du los!

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