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Geh aus mein Herz und suche – Leid?
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Geh aus mein Herz und suche – Leid?

Stefan Buß
Ein Beitrag von Stefan Buß, Katholischer Pfarrer in der Innenstadtpfarrei St. Simplicius, Faustinus und Beatrix, Fulda

Ein Gedicht von Robert Gernhardt, dem Frankfurter Schriftsteller, beginnt so:

„Geh aus mein Herz und suche – Leid“ („Später Spagat“ Seite 17). Da hat Robert Gernhardt das alt bekannte Sommerlied umgeschrieben. Statt: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“(Evangelisches Gesangbuch 503), heißt es bei ihm: „…und suche Leid!“ – warum?

Robert Gernhardt hat das Lied im Krankenhaus geschrieben. Er hat das alte Sommerlied im Kopf gehabt und übernimmt daraus Bilder und Motive: „Die Lerche schwingt sich in die Luft“, heißt es auch bei ihm, aber dann: „der Kranke bleibt in seiner Kluft und zählt die dunklen Stunden.“

Robert Gernhardt hat eine schwere Krankheit, als er dieses Gedicht schreibt. Er befindet sich in der Chemotherapie und nun denkt er über die alten Worte nach. „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“, schön und gut, aber was wird aus mir: „noch bin ich Fleisch, wann werd ich Staub?“

Hier sucht einer Trost und findet ihn nicht in blühenden Gärten oder im Gesang der Nachtigall. Robert Gernhardt sagt: „Ich schweige still, wenn alles singt.“ Mir geht es nah, wie er von seiner Krankheit redet. Ich glaube, er spricht vielen aus dem Herzen, die das erleben. Denn manche können vor lauter Leid und Schmerz selbst in der schönsten Sommerzeit nichts mehr sagen als: „Das Weh verschlägt mir’s Loben.“

Die Vorlage, das alte Sommerlied aus dem Evangelischen Gesangbuch, „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ ist auch kein Schönwetterlied. Viele hundert Jahre vor Robert Gernhardt hat es der Liederdichter Paul Gerhardt geschrieben – ebenfalls in einer fürchterlichen Zeit, in den Schreckensjahren des Dreißigjährigen Krieges mit seinen unendlich vielen Toten. Auch in dem Lied von Paul Gerhardt spürt man diesen Schrecken, wo er dankbar schreibt, wie gut es ihm geht, und doch gleich dazu setzt: „auf dieser armen Erde.“

Die hellen und lichten Sommertage können die Schmerzen nicht überblenden, die Menschen gleichzeitig erleben. Robert Gernhardt erinnert an sie mit seinen Worten aus dem Krankenhaus. Auch der Liederdichter Paul Gerhardt hat mit seinen Worten an solche Situationen gedacht. Er schreibt in sein Lied „Geh aus mein Herz und suche Freud“ ein Stoßgebet: „Hilf mir und segne meinen Geist.“

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