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Kontraste helfen das Leben zu verstehen
Bild: Pixabay

Kontraste helfen das Leben zu verstehen

Ein Beitrag von Frank Fornacon, Pastor evangelische Freikirche

Herrlich, bei Ihnen kommt ja noch richtig kaltes Wasser aus dem Hahn!“, meint ein Besucher unseres schon etwas in die Jahre gekommenen Gemeindezentrums. Ich wundere mich und frage, warum das eiskalte Wasser auf der Herrentoilette für ihn etwas Besonderes sei. „Überall gibt es nur noch lauwarmes Wasser, weder kalt noch warm.“ Und weiter: „Diese Mischbatterien, die immer nur Durchschnitt liefern, finde ich furchtbar.“

Ich schmunzle und merke: Der Mann hat ja Recht. Menschen fliehen das Mittelmaß. Sie suchen das Besondere, die Extreme. Reiseveranstalter machen sich das zunutze. Reisende suchen die Einsamkeit, zum Beispiel in der Wüste. Kargheit ist in Mode. Vor allem, wenn der Kontrast das Schöne klarer hervortreten lässt. Kühles Wasser und Schatten, wo sonst nur sengende Hitze herrscht – herrlich! Oder eine kleine Blume inmitten garstiger Umwelt – ein Zeichen der Hoffnung.

Zu einem Bild mit Kontrasten greift in der Bibel der Prophet Jesaja, als er in trostloser Zeit predigt: „Die Wüste und Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien,“ Rund fünfhundert Jahre vor Christus hat er das geschrieben.

In Israel und Palästina kennen die Leute bis heute den Unterschied von Wüste und bewässertem Land. Heftige politische Auseinandersetzungen im Nahen Osten werden um Wasser geführt. Wer seine Felder bewässern kann, der hat gut lachen. Wer Wasser hat, der kann leben. Wo das Nass fehlt, das stirbt die Hoffnung. Die Einöde ist für den Propheten ein Bild für die kulturell und politisch aussichtslose Lage.

Aber die Zeiten ändern sich. In Gottes Namen verkündet Jesaja eine große Wende. Es wird nicht immer schlimmer. Am Ende will Gott die Welt erneuern. Dann wird die Wüste zu einem Ort der Freude. Soweit der prophetische Blick in die Zukunft.

Doch was ist jetzt? Wüste oder blühendes Land? Wir leben zwischen den Zeiten. Das alte ist noch da, aber das neue zeigt sich schon. Inmitten der Wüstenzeiten blüht neues Leben, das glaube ich. Und um das klarer sehen zu können, ist es hilfreich zu vereinfachen. Wer die vielen Reize reduziert, der kann deutlicher sehen und hören. Weniger ist manchmal mehr. Um das zu entdecken, ist der Winter die richtige Jahreszeit. Da ist vieles karger, manche Aktivitäten sind heruntergefahren. Der Winter ist eine wunderbare Gelegenheit, Kontraste wahrzunehmen. Die Wärme im Haus, wenn es draußen eisig ist, könnte ein Vorgeschmack auf den Himmel werden. Die Sonne, die ganz unerwartet den Nebel durchbricht, wird zu einem Zeichen, dass Gott es am Ende gut machen wird.

Die Wüste, die Kargheit, die Kontraste, sie sind nicht überflüssig. Sie helfen uns, das Paradies schätzen zu lernen.

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