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Aufmachen!
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Aufmachen!

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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„Mache dich auf…“ so beginnt eines meiner Lieblings-Adventslieder. Vielleicht kennen Sie den Kanon. „Mache dich auf und werde Licht!“ geht er weiter.“ „Mache dich auf“, das ist eine sehr adventliche Aufforderung, finde ich. Schon die Weihnachtsgeschichte in der Bibel beginnt mit Aufbrüchen: Josef soll sich mit seiner Verlobten Maria aufmachen in die Stadt Betlehem, in der er geboren wurde. Die Weisen aus dem Morgenland brechen auf, als sie den Stern sehen, der die Geburt des neuen Königs ankündigt.

Die etwas altertümliche Formulierung „Mach dich auf!“ würden wir heute vielleicht eher wiedergeben mit „komm!“ oder „geh los!“. In jedem Fall steckt Energie dahinter. Aufbruch ist das Gebot der Stunde!

Aber ist das nicht in diesem Jahr genau das Falsche? Ich soll doch zuhause bleiben, möglichst niemanden treffen und möglichst niemanden hereinlassen, der nicht zu meinem Haushalt gehört. Ich denke aber: Gerade in diesem Jahr gilt der Ruf aus dem Lied! Vor allem auch zusammen mit dem zweiten Aufruf in der zweiten Zeile. Er lautet: „Werde Licht!“ Der Satz stammt aus der Bibel, aus dem Buch des Propheten Jesaja (Jesaja 60,1). Und sie zeigt mir, worauf es ankommt in diesem Advent: Aufmachen soll ich mich!

Aufbrechen ist wichtig! Aufmachen kann auch heißen: Fenster öffnen – nicht nur am Adventskalender – und frische Luft und Licht hereinlassen. Aufmachen soll ich aber auch meine Augen und mein Herz. „Mache dich auf und weite deinen Blick!“ – so verstehe ich dieses Jahr die Aufforderung. Es geht so viel mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Wenn ich mich öffne, kann ich erkennen, was jetzt dran ist, wer meine Hilfe braucht oder wo für mich ein bisschen Licht in der Dunkelheit leuchtet.

Und das Schöne ist, ich muss das nicht allein tun. Ich kann mich aufmachen, weil „mein Licht kommt“, wie es in der Liedzeile heißt. Ich kann als gläubige Christin darauf vertrauen, dass ich das Licht nicht machen muss. Es ist schon da. Gott schenkt es mir. Ich kann meine Energie darauf verwenden, das Licht zu finden und zu transportieren.

Ganz konkret und im Wortsinn habe ich das am vergangenen Wochenende getan, als ich mit Jugendlichen das Friedenslicht für unsere Gemeinde abgeholt habe. Bei der Aktion „Friedenslicht aus Betlehem“ wird jedes Jahr in der Geburtskirche Betlehem eine Kerze entzündet, und dieses Licht wird über Ländergrenzen hinweg in ganz Europa und darüber hinaus verteilt. Sogar in diesem Jahr haben die Organisatoren es geschafft, dass unter Beachtung aller Regeln das Licht weitergegeben werden konnte. So viele Menschen haben sich dafür aufgemacht! Ich habe gespürt, wie viel den Menschen diese Lichterstafette bedeutet. Und ich weiß, wie viel Freude ich meiner alten Nachbarin mache, wenn ich ihr an Heiligabend eine Kerze mit dem Licht aus Betlehem bringe.

Ich bin überzeugt davon: Gerade in diesem Jahr ist der Ruf besonders wichtig: „Mache dich auf und werde Licht, denn dein Licht kommt!“. Er gibt mir Kraft und Energie und verhindert, dass ich im Homeoffice und unter Kontaktbeschränkungen depressiv werde. Manchmal brauche ich einen Schubs, damit ich mich aufraffe. Da ist es gut, wenn mir morgens in aller Frühe diese Liedzeile im Kopf herumsummt und sagt: „Mach dich auf! Werde Licht!“

 

 

 

 

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