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Richtfest
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Richtfest

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt
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Endlich ist ihr Traum wahr geworden. Viele Jahre haben sie auf diesen Moment hingearbeitet und einige Hindernisse überwunden, finanzielle und bürokratische. Jetzt steht sie da, die neue Reithalle, das erste Gebäude ihres neuen Reiterhofs. Der Rohbau samt Dachstuhl ist fertig. Zum Richtfest war ich eingeladen.

Richtkranz und Richtspruch ist Sache der Zimmerleute

Der Tradition nach befestigen die Zimmerleute einen Richtkranz am Dachfirst. Einer spricht feierlich einen Richtspruch:
„Drum wünsche ich, so gut ich's kann,
so kräftig wie ein Zimmermann,
mit stolz empor gehob‘nem Blick
der neuen Halle recht viel Glück.
Wir bitten Gott, der in Gefahren uns allezeit so treu bewahrt,

er mög‘ das Bauwerk hier bewahren vor Not und Schaden aller Art.“

In den feierlichen Worten klingen unterschiedliche Gefühle und Gedanken mit

In den feierlichen Worten klingen unterschiedliche Gefühle und Gedanken mit: Da ist der Respekt vor der Leistung der Handwerker und Architektinnen. Dankbarkeit für die Möglichkeit, etwas zu gestalten, und für alles, was bislang gelungen ist. Auch ein wenig Demut: Da wird ja auch ein Stück Schöpfung überbaut. Wo vorher Wiese war, steht jetzt die Halle.

Die Verse der Zimmerleute drücken Erfahrung aus

Die Verse der Zimmerleute drücken die Erfahrung aus: Es geht nicht immer alles glatt. Es gibt Gefahren, Not und Schaden aller Art. Darum die Bitte, dass Gott uns und das Gebäude bewahrt. Damit verbindet sich die Zuversicht, das Angefangene vollenden zu können. Und natürlich die Vorfreude auf alles, was in der neuen Halle möglich sein wird.

Mit Schnaps getauft

Beim Richtfest schlägt einer der Männer auf dem Dach die Spitze seines Zimmermannshammers in den Firstbalken, so dass er dort steckenbleibt. Dann nehmen die Zimmerleute zwei Schnapsflaschen. Aus einer trinken sie demonstrativ, die zweite schlägt einer am Hammer kaputt. Scherben glitzern in der Abendsonne. Schnaps tropft vom neuen Gebälk. Danach waren alle mit den Handwerkern und Nachbarn zum Essen eingeladen.

Rituale gehören oft zu Übergängen im Leben

Das gehört oft zu Übergängen im Leben: ein Ritual, ein Fest und die Bitte um Gottes Segen. Die Menschen schauen zurück auf das, was schon gelungen ist, und voraus auf das Neue, das noch kommen soll. Sie spüren: Wir haben nicht alles selbst in der Hand. Das Gelingen bleibt unverfügbar.

Feier‘ das Halbfertige!

Darum tut die Bitte um Gottes Segen gut. Segen für das, was ich bereits geschafft habe, und für das, was noch zu tun ist. Und zum Krafttanken dazwischen: Feier‘ das Halbfertige!

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