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Was ist Bildung?
Bildquelle: piabay

Was ist Bildung?

Steffen Flicker
Ein Beitrag von Steffen Flicker, Schulleiter der katholischen Schule Marianum Fulda und Vorsitzender des Katholikenrates im Bistum Fulda

Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt: Was ist eigentlich Bildung? Als Schulleiter versuche ich immer wieder Antworten auf diese Frage zu finden. Ja, sicher: Wir haben alle eine Vorstellung davon. Schließlich sind oder waren wir alle in einer Schule. Dort haben wir Wissen erworben, sind gebildet worden. "Bildung ist das, was übrigbleibt, wenn wir vergessen, was wir gelernt haben." Der deutsche Physiker Werner Heisenberg hat diese spannende Definition gefunden. Ein genialer Satz! Wenn alles, was wir einmal gelernt haben, vergessen ist - dann haben wir Bildung. "Moment mal!", werden Sie jetzt vielleicht empört entgegnen. Gebildet ist doch erst, wer viel lernt und gelernt hat. Klug ist ein Mensch doch erst, wenn er viel weiß.

Ich glaube: Ganz so einfach ist es nicht! Es ist natürlich richtig: Es lässt sich viel lernen. Dafür sind ja nun einmal Schulen und Universitäten erfunden worden. Ich kann aus Büchern viel lernen, aus dem Internet. Lehrer können mir Wissen vermitteln. Eltern können mir etwas beibringen. Wissen kann ich mir aneignen. Bücher kann ich lesen. Erklär-Videos kann ich anschauen. Und so erlange ich Wissen. Ich weiß jetzt mehr als vorher. Aber ist das Bildung? Ich persönlich denke: Nein! Das Anhäufen von Wissen kann letztlich sogar völlig sinnlos sein, wenn es mit mir selbst nichts zu tun hat. Und vieles, was ich einmal gelernt habe, vergesse ich wieder. Was wissen Sie noch von dem, was Sie alles einmal im Unterricht gelernt haben? Können Sie sich noch an die binomischen Formeln erinnern? Wissen Sie noch, was ein Genitivattribut ist? Können Sie noch Wahrscheinlichkeiten errechnen?

"Da steh' ich nun, ich armer Tor - und bin so klug als wie zuvor!" Das lässt Goethe seinen bemitleidenswerten Faust ausrufen. Aber genau das meint wohl Heisenberg: "Wenn wir vergessen, was wir gelernt haben" - dann bleibt das übrig, was wir Bildung nennen. Ich habe etwas im besten Sinne des Wortes angenommen. Es hat mit mir und mit meinem Leben zu tun. Ich weiß etwas nicht nur - ich lebe es. Für mein Leben ist dies wichtig. Ich habe nicht nur etwas auswendig gelernt.

Der Begriff Bildung ist im Ursprung biblisch begründet. In der Bibel lesen wir in der Schöpfungsgeschichte: Gott schuf den Menschen. Als Abbild seiner selbst. Es geht also um ein Bild. Sich ein Bild machen. Gott ebenbildlich werden. Das ist natürlich ein hoher Anspruch. Aber er macht deutlich, worauf es ankommt: sich ein Bild machen. Das ist mehr als das Ansammeln von Wissensinhalten. Bleibt zu hoffen, dass möglichst viel bei uns übrigbleibt, wenn wir vergessen, was wir gelernt haben! Möglichst viel Bildung.

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