Schöne Momente sammeln
Frühmorgens gegen 7 Uhr in der S-Bahn. Viele Menschen sind schon auf dem Weg zur Arbeit. Manche hören Musik und haben Stöpsel in den Ohren, andere schauen in ein Buch oder auf ihr Handy. Manche sind noch müde und haben die Augen geschlossen. Plötzlich spricht eine junge Frau die Menschen höflich an. Sie bittet darum, hier und jetzt ein Bild zu malen, teilt weiße leere Postkarten und Filzstifte aus. „Bitte malen Sie den schönsten Moment aus der letzten Woche!“
Klingt verrückt, aber so ist es schon tausendmal passiert. Die junge Frau heißt Janne Willems und kommt aus den Niederlanden. Alles fängt 2002 mit einer Art Tagebuch an. Janne schreibt die positiven Ereignisse täglich auf und merkt, dass ihr das gut tut. Später schreibt sie nicht mehr, sondern fängt an zu malen. Sie will auch andere von ihrer Idee begeistern. Sie reist allein durch die Niederlande und durch Europa und schließlich durch die halbe Welt: 3 Kontinente und 24 Länder. Ein Jahr lang ist sie unterwegs. Immer mit den Filzstiften und den weißen leeren Postkarten im Gepäck. In kleinen Kurzfilmen hält sie die Reaktionen fest: auf belebten Plätzen, in großen Parks, in Cafés, an der Universität und in den Zugabteilen fangen die Menschen an zu malen. Zuerst sind sie verwundert, vielleicht auch skeptisch. Aber wenn der erste sich traut, einen schönen Moment zu malen, machen die anderen mit. Und wenn sie alle ihre bemalten Postkarten dann an Janne zurückgeben, dann wirken sie ganz anders als vorher: fröhlicher, lächelnd, sie nehmen ihre Umgebung wahr.
So kommen Tausende von schönen Alltags – Momenten aus der ganzen Welt zusammen. Auf Jannes Internetseite seizeyourmoments.de kann man einige davon bewundern: Jemand hat ein tanzendes Paar abgebildet, ein junges Mädchen hat sich gemalt, wie sie von ihrem Freund geküsst wird. Weitere Bilder zeigen einen Sonnenuntergang, ein Konzert, Blumen, Erdbeeren, Strickzeug. Bald soll es auch eine Ausstellung dazu geben.
Janne will den Menschen zeigen: „Wir vergessen im Alltag die schönen Momente viel zu schnell. Das trübt die Stimmung. Wenn ich diese schönen Momente in den Blick nehme, dann erlebe ich sie bewusster und kann sie besser genießen.“
Das kenne ich ganz gut von mir. Denn am Ende des Tages sind die Probleme und der Stress im Kopf. Und ich suche vergeblich nach dem perfekten Glücksmoment, nach dem Himmel auf Erden. Jesus wird einmal gefragt: „Wann ist es denn endlich da, das Reich Gottes?“ Er antwortet: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch!“ Er sagt nicht: „Streck dich nach oben“ oder „Bete besonders viel“. Er sagt: „Das Reich Gottes ist schon da! Schau genau hin!“
Ich probiere das jetzt ab und zu abends mit meiner kleinen Tochter. Dann halten wir Rückschau auf den Tag und erzählen uns, was alles schön war und worüber wir uns gefreut haben. Ich bin hinterher in besserer Stimmung als vorher. Ein guter Rat von Jesus. Und von Janne Willems aus den Niederlanden.
Das klappt. Meistens.
