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Kampagne Lieferkettengesetz
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Kampagne Lieferkettengesetz

Sabine Müller-Langsdorf
Ein Beitrag von Sabine Müller-Langsdorf, Evangelische Pfarrerin, Zentrum Oekumene, Frankfurt
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Ich wollte mir einen Wasserkocher ins Büro stellen. Weil mir der Weg zur Personalküche so weit ist. „Geht nicht“, sagte die Brandschutzbeauftragte. „Könnte Kabelbrand geben. Das Ding muss erst kontrolliert werden.“ - Ich habe die Augen gerollt vor so viel Sicherheitsdenken. Doch dann dache ich an diese Textilfabrik in Pakistan. Da verbrannten vor acht Jahren wegen mangelnden Brandschutzes 258 Menschen, Dutzende wurden verletzt. Vergitterte Fenster, defekte Feuerlöscher, nur ein enges Treppenhaus und Notausgänge, die ins Nichts führten, machten die Fabrik zur tödlichen Falle für die Arbeiterinnen.

Worte ohne Folgen

Wichtigster Kunde der abgebrannten Fabrik war das deutsche Textilunternehmen KIK. Es beteuerte, man habe regelmäßig die Arbeitsplatzsicherheit kontrollieren lassen. Sei sogar selber vor Ort gewesen, um über Brandschutz zu reden. Wohlfeile Worte, die keine Folgen in der Realität hatten.

www.lieferkettengesetz.de

Ich stelle meinem Wasserkocher zur Seite und informiere mich. Es gibt eine Website, die heißt www.lieferkettengesetz.de. Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen, Umweltverbände und Kirchen haben sich zusammengetan. Sie fordern die Politik auf, ein neues Gesetz zu schaffen, das wirklich schützt.  

Die Lieferkette: von der Produktion bis zum Konsumenten

Ich lerne erst mal, was eine Lieferkette ist: Es ist das Netzwerk von Firmen und Menschen an einer Ware. Es reicht von der Produktion über den Versand bis hin zum Verkauf. Als Konsumentin bin ich die letzte in der Kette. Damit bin ich auch ein Stück mit verantwortlich für sichere Arbeitsbedingungen oder faire Löhne andernorts. Die Kampagne zum Lieferkettengesetz sagt: „Wir treten ein für eine Welt, in der Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden – auch im Ausland. Freiwillig kommen Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach.“

Wo können Geschädigte ihr Recht einfordern?

Lieferketten sind lang und international. Keine Sicherheit am Arbeitsplatz, Kinderarbeit, das Verbot von Gewerkschaften, Umweltschädigung, Unterbezahlung. Außerdem: Wo können Geschädigte ihr Recht einfordern? Welches Gericht ist zuständig? Im Falle des Fabrikbrands in Pakistan reichten vier Betroffene beim Landgericht Dortmund Zivilklage gegen KIK ein und forderten Schmerzensgeld. Die Klage war die erste dieser Art in Deutschland. Nach vier Jahren wies das Gericht die Klage jedoch ab wegen Verjährung nach pakistanischem Recht. Formale Gründe haben den Fall entschieden. Die eigentlichen Fragen zur Unternehmenshaftung blieben unbeantwortet.

Auch im Ausland Menschenrechte und Umweltstandards beachten

Die Initiative Lieferkettengesetz fordert von der Bundesregierung einen gesetzlichen Rahmen, mit dem Unternehmen verpflichtet werden, auch im Ausland Menschenrechte und Umweltstandards zu achten. Sie sollen für Schäden an Mensch und Umwelt haften. Geschädigte müssen auch vor deutschen Gerichten ihre Rechte einklagen können. Ich finde, ein wichtiger Schritt für mehr Gerechtigkeit in einer globalisierten Welt und bin froh, dass die Kirchen dabei sind. Der 1. Mai ist ein guter Tag dafür.

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