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Ich sehe was, was du nicht siehst
Pixabay/Esther Merbt

Ich sehe was, was du nicht siehst

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin
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Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist grün. Mit diesem Spiel haben wir uns als Kinder die Zeit auf langen Autofahrten vertrieben. Was meint meine Schwester bloß? Das Auto vor uns? Das Kissen, auf dem unser Bruder sitzt? Das kleine Kuscheltier? Schon sind wir beschäftigt, die Eltern haben Ruhe.

Dinge sehen, die dem Gegenüber verborgen bleiben

Als Kinder hatten wir ausschließlich Dinge außerhalb unserer eigenen Person im Blick, nicht die eigene Augenfarbe oder die Sommersprossen auf der Nase. Als Erwachsene habe ich gelernt, dass ich auch Anderes sehen kann. Das, was meinem Gegenüber verborgen bleibt.

Eigenschaften an einem Menschen erkennen

Ich habe zum Beispiel einen Freund, der ist ein wenig eitel und anspruchsvoll, was ihn selbst betrifft. Er ist überhaupt nicht zufrieden mit seinem Äußeren. Er findet sich zu dick. Öfter passiert es mir, dass ich ihm sagen möchte: „Ich sehe was, was du nicht siehst. Deine angeblich zu vielen Kilos zeugen für mich davon, dass du genießen kannst und einen Hang zur Gemütlichkeit hast. Du bist ein bisschen eitel und das ist gut so. Du trägst immer schicke Klamotten, im Gegensatz zu vielen anderen Männern, die sich nicht ums Äußere scheren. Auch deine Anspruchshaltung gefällt mir, weil sie auch mich veranlasst, genauer hinzuschauen.

Ich sehe was, was du nicht siehst: und das bist du

Ich sehe was, was du nicht siehst: deine freundliche Art, deine Bescheidenheit, dein Verzeihen, dein Mitfühlen, deine Begeisterung, deine Zuversicht. Ich sehe was, was du nicht siehst: und das bist du.

Ich danke dir, mein Gott, dass ich wunderbar gemacht bin

Was würde passieren, wenn wir einander immer wieder sagen, was wir sehen an Schönem, an Wertvollem, an Liebenswertem! Was, wenn wir immer wieder hören, was wunderbar ist an uns. Ja, was wäre dann? Dann könnten wir vielleicht einstimmen in den Jubelruf des Psalmdichters: Ich danke dir, mein Gott, dass ich wunderbar gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke! Das erkennt meine Seele (Psalm 139, 14). Das wäre schön!

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