Volkstrauertag
Moderator/in: Heute ist Volkstrauertag. Der Gedenktag, an dem in ganz Deutschland an die Opfer der großen Weltkriege gedacht wird. Auch mit einer feierlichen Gedenkstunde im Deutschen Bundestag.
Fabian Vogt von der Evangelischen Kirche: Der Volkstrauertag bekommt ja dieses Jahr durch den Krieg in der Ukraine noch mal eine ganz neue Brisanz, oder?
Fabian Vogt: Auf jeden Fall. Ich habe als Gemeindepfarrer jedes Jahr an einer Gedenkstätte für die Gefallenen der Kriege eine Gedenkfeier abgehalten. Und natürlich hatten wir dabei immer auch die aktuellen Krisengebiete auf der Welt mit im Blick.
Erschreckende Gegenwart
Aber dieses Jahr ist der Krieg durch den Angriff Russlands auf die Ukraine in Europa zurück. Und zur Gedenkfeier werden nachher nicht nur Leute kommen, deren Familienmitglieder im Zweiten Weltkrieg getötet wurden – sondern auch Menschen, die in diesem Sommer ihre Angehörigen, ihre Söhne, Töchter und Ehemänner verloren haben.
Das ist heute kein historisches Gedenken, das ist die erschreckende Gegenwart. Da wird es viel um Trost gehen. Und um die Hoffnung, dass der Krieg eine Ende findet.
Weil der Volkstrauertag immer auch eine Mahnung sein will?
Fabian Vogt: Genau. Der Volkstrauertag will auch die Augen für die Mechanismen öffnen, die hinter Kriegen stecken. Zum Beispiel die Spirale des Hasses. Ich kann gut nachvollziehen, dass Ukrainer, die gerade geliebte Menschen verloren haben, jetzt voll Hass sind.
Ich halte mich trotzdem an einen der für mich wichtigsten Sätze der Bibel: "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten." (Römer 12,21) Ich weiß, wie schwer das ist. Aber versuchen will ich’s.