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Wenn die Sonne kitzelt
Bild: pixabay

Wenn die Sonne kitzelt

André Lemmer
Ein Beitrag von André Lemmer, Katholischer Pfarrer in der Pfarrei Sankt Elisabeth in Kassel
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Neulich war es so weit. Ich kann den Tag nicht mehr genau benennen, aber irgendwann waren sie da: die ersten warmen Sonnenstrahlen dieses Jahres. So wie viele Menschen, hat es auch mich gleich nach draußen gezogen. Ich bin direkt spazieren gegangen. Für mich sind die ersten Tage, an denen die Sonne im Frühjahr ihre Kraft entfaltet, immer ganz besonders schöne Tage. Die Vorboten geben mir das Zeichen, dass der Frühling nicht mehr weit ist, und die Zeit des Aufbruchs beginnt. So wie ich fühlen auch viele andere Menschen, dachte ich mir, als ich über den Marktplatz unserer kleinen Stadt schlenderte.

Die Bewegung der Menschen in diesen Tagen ist übrigens sehr ähnlich: Sie sitzen auf den Bänken, recken ihre Gesichter in die Sonne, schließen die Augen und lächeln dabei. Diese ersten Sonnenstrahlen wollen viele in vollen Zügen genießen. Keine Angst vor Sonnenbrand oder kein Ausweichen in den Schatten wie im Hochsommer. Scheinbar gilt es diese erste Wärme ganz besonders tief auf zu nehmen und damit die grauen Tage des Winters zu vertreiben.

Ich finde, diese Haltung tut uns gut. Das Gesicht lächelnd Richtung Sonne recken und den Moment auskosten. Keine Sorgenfalten, keine Skepsis oder mürrische Blicke sind dabei zu finden. Bei all dem, was in den letzten Wochen bedrückt, scheint hier ein Moment gekommen zu sein, in dem es leichtfällt, die Seele baumeln zu lassen.

Auslöser für diesen Moment ist ein bisschen mehr Wärme und Licht. Diese beiden scheinen es zu sein, die mich auftanken. Gibt es nicht noch andere Quellen, die mich aus dem Alltag herausholen können und mir erlauben, mal kurz Abstand zu nehmen? Was würde es mit uns Menschen machen, wenn wir viel mehr dieser Momente hätten?

Solche Momente habe ich auch immer wieder im Gottesdienst. Da kann ich meine Seele auch baumeln lassen und mich lächelnd Gott zuwenden, der mir Wärme und Licht geben will. Zugegeben, nicht immer sind diese Momente so stark wie an den Tagen der ersten Sonnenstrahlen im Jahr. Aber sie sind dafür jeden Sonntag da.

Ah, denke ich bei mir, Sonn-Tag.

Macht Sinn. Ich spaziere weiter durch die Sonne, recke mein Gesicht ins Licht und lächle.

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