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Corona und christliches Handeln
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Corona und christliches Handeln

Clemens Weißenberger
Ein Beitrag von Clemens Weißenberger, Katholischer Pastoralreferent, Frankfurt
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Ich weiß nicht, was ich denken soll. Corona raubt mir den letzten Nerv. Was meine Familie und ich tun sollen, weiß ich. Wir haben entschieden: Wir lassen uns impfen und boostern. Aber ich weiß nicht, was ich vom Verhalten von Freunden und Bekannten und ihrem Umgang mit der Pandemie halten soll. Weil ich natürlich auch Menschen kenne, die sich nicht impfen lassen können oder wollen.

Bisher hat mir der Mut gefehlt, sie anzusprechen

Da ist eine Freundin unserer Familie, die seit ihrer Jugend gesundheitliche Probleme hat. Obwohl sie noch keine 30 ist. Die immer wieder an chronischen Erkrankungen leidet. Sie denkt, die Impfung schadet ihrer Gesundheit. Ich verstehe, dass sie Angst vor Nebenwirkungen hat. Ich schätze die Risiken anders ein. Und habe auch schon mit ihr darüber gesprochen. Dann die Sitzung eines Gremiums letzte Woche. Auf der Corona–Warn-App sind danach bei vier Teilnehmern die roten Warnfelder aufgeleuchtet. „Achtung!“ bedeutet das, „Sie hatten Kontakt zu jemandem, der Corona hat“. Eine richtig blöde Situation war das, ich kam ins Grübeln und mach mir Sorgen um mich und die anderen, die es kriegen könnten, gefährdet sind. Verwirrt hat mich der Status von Freunden in einem Kurznachrichtendienst: Da war die Familie zu sehen, wie sie spazieren geht, offensichtlich bei einer Corona Demonstration. Die Eltern mit den Kindern mittendrin. Das verstand ich nicht, was die da machen. Aber die Situation war eindeutig. Ich für mich würde nicht bei einer Anti Corona Demo teilnehmen. Aber angesprochen habe ich sie nicht, dazu hat mir bisher der Mut gefehlt. Vielleicht sollte ich es tun.

Mit Menschen im Gespräche bleiben, die anderer Meinung sind

Als Christ frage ich mich oft, was Jesus in einer bestimmten Situation gesagt oder getan hätte. Das ist schwer zu sagen, ich lebe in einer ganz anderen Zeit. Aber ich kann mich an Jesu Worten orientieren. Danach muss ich aber selbst eine Entscheidung treffen. Zu Jesus kamen die Menschen, die krank waren. Und die sich Heilung versprachen. Ich denke, dass Jesus uns ermahnen würde, gesund zu leben und alles zu tun, um gesund zu bleiben. Und wenn ich beim Gesundsein Hilfe bekommen kann, muss ich diese annehmen. Aber Jesus hat auch immer mit Menschen das Gespräch gesucht, mit denen andere nicht gesprochen haben. Und er hat sie dazu gebracht, darüber nachzudenken, was richtiges Handeln ist. Für mich habe ich entschieden: Ich bin klar für die Impfung. Aber ich will mit Freunden und Menschen auf der Arbeit im Gespräch bleiben, die anderer Meinung sind.

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