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Jazz kennt jeder, oder?
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Jazz kennt jeder, oder?

Simone Twents
Ein Beitrag von Simone Twents, Katholische Dezernetin für Glaubenskommunikation und Pastorale Innovation, Fulda
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Ich liebe Jazz. Beziehungsweise, ich habe ihn echt schätzen gelernt, als ich einige Jahre in Düsseldorf war. Dort habe ich in einem Kulturbetrieb eine eigene Jazzreihe verantwortet, obwohl ich nicht vom Fach war. Aber es hat einen Riesenspaß gemacht. Ich habe so viel gelernt über die Dynamik, die hinter dieser Kunst steht. Vieles im Jazz ist Improvisation. Jazz ist ein Geschehen, ein gruppendynamisches Ereignis. Jazz passiert in dem Moment, wo er gespielt wird. Er ist jedes Mal anders, je nachdem wer da wie miteinander in Resonanz tritt. Die Musiker stellen sich aufeinander ein. Es entsteht etwas Neues in dem Moment, in dem es gespielt wird. Das ist nur in Teilen planbar. Auch das Publikum selbst ist ein Teil dieser Dynamik. Die Energie, die da im Raum ist, beeinflusst die Musik. Der große Jazz-Saxofonist Wayne Shorter hat einmal gesagt: "Du kannst das Unerwartete nicht proben." Das trifft total den Punkt. Das war mir vorher so nicht bewusst. Das ist das Frische, das Schöne, das Spannende und immer Neue bei einem Jazzkonzert.

Zurzeit kann es leider keine Live-Konzerte geben. Für den Jazz ist das schwierig. Das Unerwartete ist nicht einfach herstellbar. Die Resonanz fehlt. Mir kam der Gedanke: Was heißt das eigentlich für mein Leben? Da ist es doch genauso. Ich kann das Unerwartete nicht herstellen, nicht proben.

Vielleicht kann ich es sehen wie im Jazz: Das Unerwartete ist gerade das Schöne, der Schatz darin. Das Unverfügbare, das ich nicht proben kann, entfaltet sich aus dem Moment heraus. Ich gehe in Resonanz zum Moment, zum anderen, zu meiner Umgebung. Daraus entsteht etwas schönes Neues, das ich so nicht hätte planen können.

So ist für mich auch die Erfahrung mit Gott. Es ist etwas Besonderes, Schönes und gleichzeitig Unverfügbares. Das ich nicht kontrollieren, planen und auf das ich nicht zugreifen kann. Etwas, das sich ereignet. Zu dem ich in Resonanz gehen kann. Wo ich auf einmal berührt oder involviert werde in ein größeres Ganzes, das über mich hinaus geht. Dafür will ich gerne offen sein.

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