Wo bist du, Mensch?
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Wo bist du, Mensch?

Monika Dittmann
Ein Beitrag von Monika Dittmann, Katholische Seelsorgerin im Altenheim, Flörsheim am Main

Wo bist du? Die Frage erinnert mich an meine Kindheit. Wenn ich beim Versteckspiel nach der Freundin gesucht habe. Das hat mich ganz schön umgetrieben.  Auch, wenn es ein Spiel war, die Freude war groß, wenn ich das Versteck entdeckt hatte. Wenn ich die Freundin wiedergefunden habe. Und umgekehrt, wenn die Freundin mich gefunden hat.  … was wäre gewesen, wenn sie mich nicht gefunden hätte, vielleicht gar nicht gesucht hätte! Unvorstellbar.

Wo bist du? Das ist auch die erste Frage Gottes an den Menschen in der Bibel. Vorher hat Gott in der Schöpfung geboten: gewissermaßen Befehle erteilt. „Es werde! – und es ward“, so heißt es in dieser poetischen Schöpfungserzählung. „Es werde Licht – und es ward Licht“. „Es sammle sich das Wasser unterhalb des Himmels … Und so geschah es. Und Gott nannte das Trockene Land und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer.“ (Genesis 1)

Gott will in Dialog mit uns treten

Aber dann, nachdem Gott den Menschen geschaffen hatte und nachdem dieser seine Grenzen überschritten hatte, vom Baum gegessen hatte, was ihm verboten war …. Da spürte der Mensch: wenn ich Grenzen überschreite, kann es sein, dass nicht alles gut ist. Es war eine beschämende Erfahrung, sodass er sich versteckte. Bedeckt hielt. Und da, zum ersten Mal, sucht Gott den Dialog: „Wo bist du?“ Mit seiner Frage holt Gott den Menschen aus seinem Versteck – und tritt ein in einen Dialog. Der Mensch ist gefragt. Er ist der Angesprochene.

Es fasziniert mich, dass Gott den Menschen immer wieder sucht. Dass er mich nicht als Befehlsempfänger gedacht hat. Und er macht auch keine Vorwürfe. Er fragt: „Wo bist du?“

Bis heute ruft Gott mich so an: Wo bist du, Menschenkind in dieser, deiner Welt? Er ruft mich heraus mit dem, was ich kann und bin. Was ist mit deinen Gaben? Was machst du mit deiner Phantasie? Wo kannst du dich damit einbringen?

Antworten mit Kreativität, Phantasie und Engagement

In den letzten Wochen haben viele Menschen angesichts von Krisen, Schwierigkeiten und Gefährdungen entdeckt, wo sie sind, wo sie sich einbringen können, wo sie ganz konkret Antwort geben können auf die Frage Gottes: Wo bist du? Ihr Engagement für den Nächsten, der Einsatz in der Pflege … neu entdeckte Nachbarschaftshilfe. Ich denke, das sind ganz konkrete Antworten auf Gottes Wort.

Auch ich versuche immer wieder, ganz konkret Antwort zu geben. Hier bin ich Gott, vor dir – und ich will mich auch nicht verstecken, wenn ich gebraucht werde.

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