Grauer Alltag, grüner Alltag
Spätestens heute geht er für die meisten in Hessen wieder los, der Alltag. Die Schulferien sind vorbei, die meisten Urlaube auch, und das Aufstehen heute, das wird deswegen wohl in etlichen Familien und Haushalten eine ziemlich anstrengende Sache: Wieder früh raus, schnell fertigwerden, an alles denken, in den Bus oder ins Auto steigen, ab in die Schule oder in die Firma. Der Alltag hat uns wieder, der graue Alltag, wie wir oft sagen.
Und wir meinen damit: Der Alltag ist eine etwas öde, langweilige Sache. Aber das stimmt so natürlich nicht. Ein paar schöne, bunte Seiten, die hat der Alltag immerhin auch. Ich seh die Kollegin und den Kollegen wieder, die ich mag. Ich freu mich auf manches Projekt, das ich jetzt mit neuer Energie vorantreiben kann. Und einiges in meinem Alltag finde ich gerade deswegen schön, weil es immer wieder und jeden Tag passiert: Die erste Tasse Kaffee am Morgen, der erste Blick auf den Baum gegenüber, auch die Stimmen im Radio jeden Morgen.
In der Kirche ist jetzt übrigens auch wieder Alltag, nach der besonderen Advents- und Weihnachtszeit. Und dort hat der Alltag eine andere Farbe: Er ist nicht grau, sondern: grün. Die Gewänder von Pfarrer und Messdienern und die Stoffe am Altar, die sind jetzt grün. Bis zur Fastenzeit ist das die Farbe im Gottesdienst, die so genannte liturgische Farbe. Und ich finde: Grün passt eigentlich für den Alltag besser als grau. Grün: Das ist ja vor allem die Farbe der Hoffnung und auch die Farbe neuen Lebens. Hildegard von Bingen, die berühmte Nonne aus dem Mittelalter, spricht sogar von der „Grünkraft“, die alles Leben belebt.
Und diese Grünkraft entdecke ich in meinem Alltag öfter als das Grau. Es gibt ja immer wieder Dinge und Menschen, die mir Hoffnung machen. Es gibt jeden Tag neues Leben, neue Lebendigkeit, neue Begegnungen. Ich muss es nur wahrnehmen. Ich hab mir vorgenommen, das jetzt im neuen Jahr noch bewusster zu tun. Und mich nicht vom grauen Alltag schrecken lassen – sondern meinen Alltag grüner und bunter zu sehen.