Beitrag anhören:
Ich und die anderen – Egoismus oder Nächstenliebe
Bildquelle Pixabay

Ich und die anderen – Egoismus oder Nächstenliebe

Susanna Petig
Ein Beitrag von Susanna Petig, Evangelische Pfarrerin, Kirchspiel Gensungen, Felsberg /Eder
Beitrag anhören:

Also, mir geht das ja total gegen den Strich!
Da bietet einer eine Fortbildung an, ein Training zur sogenannten Persönlichkeitsentwicklung, mit dem Thema „Du gibst mir, was ich will!“
Keine Ahnung, wie realitätsnah das sein mag oder wie effektiv.
Was mich stört, ist diese totale Ichbezogenheit.
Ich will etwas, und ich setze alles daran, es zu kriegen. Ohne einen Gedanken daran, was das für den Menschen bedeutet, der mir das geben soll. Mein Blick geht nur auf das, was ich erreichen will: Das Beste. Die Rosinen im Kuchen. Die Anderen sind mir egal. Oder noch schlimmer: Sie sind nichts als Konkurrenten. Denen gönne ich nicht, was ich haben will.

Wenn ich mir vorstelle, so zu denken und zu leben, dann wird mir irgendwie kalt.
Selbst, wenn es mir gelingt, alles zu bekommen, was ich will. Die Freude darüber ist nur die eine Seite. Der Preis dafür ist doch vermutlich große Einsamkeit.
Denn wer will mir denn da ein echter Freund sein? Immer mit der Befürchtung, bei der nächsten Gelegenheit übervorteilt zu werden? – Klar, natürlich kenne ich auch das Problem, auf das der Fortbildungskurs antworten will: Das Gefühl, mal wieder zu kurz gekommen zu sein. Den Gedanken, dass mir einer etwas vor der Nase weggeschnappt hat – wieder mal. Den Ärger über die Ungerechtigkeiten des Lebens.
Ich würde behaupten: Jeder Mensch kennt das. Es gehört zu den elementaren Erfahrungen des Lebens dazu.
Und deswegen kann ich das auch hier und da aushalten, vielleicht mal nicht die Rosinen im Kuchen zu kriegen. Ein anderes Mal gleicht sich das doch wieder aus, oder? Da kann ich sie doch ganz gelassen einem anderen gönnen. Was ich dafür gewinne, ist menschliche Wärme und persönlichen Großmut. Und ich wette, ich lebe unterm Strich glücklicher so.
Wenn ich nicht immer nur darauf schiele, was ich besser, schöner, größer haben will. Wenn ich auch das sehe, was ich habe,  - und zwar, ohne einen anderen übervorteilt zu haben. Nächstenliebe ist eben auch ein hoher Wert.
Sie nützt nicht nur meinen Mitmenschen, sondern auch mir.
Und macht zufrieden!

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren