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Unter Gottes weitem Himmel
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Unter Gottes weitem Himmel

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Er hat viel gelitten. An sich, an der Politik, an Gott. Der russische Dichter Fjodor Dostojewski (1821 – 1881) stand sogar kurz vor der Hinrichtung. Da war er 28 Jahre alt. Im letzten Moment wurde er begnadigt. Was man so Gnade nannte. Dostojewski musste vier Jahre Zwangsarbeit leisten in Sibirien, fern des Lebens, fern der Familie. Später schrieb er Romane, verspielte seine Einnahmen, litt an sich. Und dachte zeitlebens nach über das Leiden unter Gottes weitem Himmel. Einmal stellt er sich selbst die Frage: Ist die Welt, unser Glück zu rechtfertigen, wenn dafür nur eine einzige Träne eines unschuldigen Kindes vergossen wird? So fragt einer, der viel leidet. Und Antworten sucht. Darf irgendjemand auf der Welt Kinder leiden lassen? Unschuldige Kinder? Seine Antwort ist: Nein. Kein Fortschritt, keine Krieg kann die Träne eines Kindes rechtfertigen. Die Träne wiegt immer schwerer.
Sagt Dostojewski, ein frommer Mann trotz allen Leids. Er lernte, wie man mit Leid lebt, soweit das überhaupt geht. In sich gehen ist eine Antwort. Immer in sich gehen. Wissen, dass man bei allem, was man tut, vor Gott steht. Gott sieht; und er sieht alles in Liebe an. Ich verstehe ihn oft nicht, lebe aber unter seinem weiten Himmel. Gott sieht. Das ist nicht immer schön, aber immer ein Glück. Auch wenn ich das nicht erkenne. Dafür erkenne ich in seinem Blick, dass es nichts wertvolleres gibt als nach Gottes Willen zu fragen. Und den zu tun. Die Träne eines Kindes ist durch nichts zu rechtfertigen.
Das sollte Programm sein. Bei allen, die regieren in Syrien, Palästina, Nordkorea. Bei allen, die nur nach oben wollen und vergessen, wie es denen unten geht. Ja, das müsste es. Und kann es doch kaum bewerkstelligen. Ich kann nur bitten: Nehmt das Geringe ernst. Geht nicht über Menschen hinweg. Denkt daran, dass Gott sich nicht gefallen lässt, wenn Menschen geschändet werden. Mein Einfluss ist klein, unbedeutend. Sagen aber geht. Zur Buße anregen können wir einander. Und es selber tun. Niemals Gewalt, die Kinder weinen lässt. Keine Worte, die andere verletzen. Wenn doch, gleich um Vergebung bitten. Den anderen und Gott, den Herrn. Damit weniger Schmerz ist, weniger Tränen. Und mehr Friede wird unter Gottes weitem Himmel.

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