Kriegsdienstverweigerer in der DDR

Kriegsdienstverweigerer in der DDR

Ein Beitrag von Frank Fornacon, Pastor evangelische Freikirche

Vor fünfzig Jahren beschloss der Nationale Verteidigungsrat der DDR einen waffenlosen Dienst in der Nationalen Volksarmee. Sie galt für jene, die, so wörtlich, „aus religiösen Anschauungen oder aus ähnlichen Gründen“ den Waffendienst ablehnten. Bald rückten die ersten sogenannten Bausoldaten in die Kasernen ein. Statt mit dem Dienst an der Waffe sollten sie mit dem Spaten in der Hand die sozialistische Heimat verteidigen.

Es waren engagierte Christen wie der Quäker Ernst Fuchs, die sich für eine Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung einsetzten. Quäker lehnen es ab, Menschen zu töten. Sie sehen in jedem Menschen etwas vom inneren Licht Gottes. Und sie sind überzeugt, dass der Glaube sich immer praktisch auswirken muss. So waren die Quäker schon im frühen neunzehnten Jahrhundert für die Sklavenbefreiung eingetreten, sie hatten versucht, vor dem 1. Weltkrieg den Krieg aufzuhalten und danach organisierten sie die Quäkerspeisung, die zahlreichen Kindern in Europa das Überleben sicherte.

Der Quäker Fuchs war in die DDR übergesiedelt. Als Gegner des Nationalsozialismus genoss er bei den SED-Größen einen gewissen Respekt. Als Professor für Theologie an der Leipziger Universität appellierte er an die SED-Führung, Alternativen zum Dienst mit der Waffe zu schaffen. Auch wenn er sich mit dem sozialistischen Staat solidarisierte, trat er doch für die jungen Christen ein, die überzeugt waren: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“

In der Bundesrepublik war mit der Einführung der Wehrpflicht auch der Wehrersatzdienst geregelt worden. In der DDR drohte den jungen Christen dagegen berufliche Diskriminierung und Gefängnis. Wer keinen Eid leistete und den Kriegsdienst verweigerte, der schien auf der Seite des Feindes zu stehen. Es kostete einiges, der eigenen Überzeugung treu zu sein und das Leben des möglichen Feindes höher zu achten, als die eigenen Nachteile.

In den Protokollen der DDR-Wehrkreiskommandos kann man heute nachlesen, wie die jungen Christen ihre Wehrdienstverweigerung begründeten. Sie sagten: Das Gebot Gottes gilt unbedingt: „Du sollst nicht töten!“ . Darum nehmen sie keine Waffe in die Hand. Viele Bausoldaten setzten sich nach ihrem Dienst in der Friedens-und Umweltbewegung ein, nutzten den Freiraum der Kirchen und waren in der ersten Reihe derer, die den Fall der Mauer ermöglichten.

Es gab über zwanzigtausend „Spadis“, so haben sich die Bausoldaten selbst ironisch genannt. Nach der Wende führte die frei gewählte Volkskammer auch in der DDR den zivilen Ersatzdienst ein. Einer der ersten Bausoldaten wurde der letzte Verteidigungsminister der DDR:  Der Berliner Pfarrer Rainer Eppelmann übernahm die Verantwortung für die Nationale Volksarmee in der Schlussphase der DDR. Am Ende waren die Ideen der Bausoldaten stärker als der Wille zu töten.

Vor zehn Jahren trafen sich viele ehemalige Bausoldaten zum einem Kongress in Leipzig. Sie bekräftigten: Es ist nach wie vor nötig, für eine offene, freie und friedliche Gesellschaft einzutreten, ganz im Sinne Jesu. Der hatte alle beglückwünscht, die Frieden stiften.

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