
Mit Sprache für Gerechtigkeit
Anmoderation: Die Hessische Landesregierung hat dem Gendern den Kampf angesagt. Im aktuell laufenden Abitur und in anderen Abschlussprüfungen dürfen deshalb keine Genderzeichen wie Doppelpunkt, Sternchen oder Unterstrich verwendet werden. Wer sich über das Verbot hinwegsetzt, dem (oder der!) droht Punktabzug. Dazu der hr1 Zuspruch von Pfarrer Peter Kristen aus Limeshain:
Unterstich, Doppelpunkt und Sternchen: Lange Zeit hat kaum jemand diese Satzzeichen genutzt. Seit es aber immer häufiger um gendergerechte Sprache geht, rücken sie ins Rampenlicht: Sicher, man kann auch anders gendern: immer zwei Geschlechter nennen: „Hörerinnen und Hörer“ oder Partizipien wie: „Studierende“. Aber nicht alle sind bereit, in ihrer Sprache Rücksicht zu nehmen auf Menschen, die sich nicht als männlich oder weiblich verstehen, die also nicht-binär sind.
Einige Prüflinge wollen das nicht hinnehmen
Für Louise Terhorst, die Landesschulsprecherin, ist diese Rücksicht aber eine Frage der Gerechtigkeit. Mit einigen Prüflingen will sie sich im Abitur deshalb dem Genderverbot des Kultusministers widersetzen.[1] Hut ab, denn damit nimmt sie einen Punktabzug im Kauf und das im Abitur, wo viele ganz genau auf jeden Punkt achten. Louise Terhorst sagt: Sie ist schon lange ans Gendern gewöhnt, auch in der Schule. Gendern ist gerechter – weil darin alle Menschen mitklingen: Männer, Frauen und nicht binäre Menschen. Und es spart auch Zeit.
Gestützt durch das christliche Menschenbild
Mit meinem christlichen Menschenbild bin ich da ganz auf ihre Seite. Ich glaube, Gott hat jeden Menschen einzigartig und wertvoll geschaffen. Das verleiht allen Menschen eine besondere Würde, unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität. Dieses Bild vom Menschen auch beim Sprechen und Schreiben hörbar und sichtbar zu machen, finde ich konsequent. Denn: Sprache prägt das Denken. Sie macht nach außen hörbar, was in mir wertvoll ist: der Wille zum Miteinander, andere wertschätzen und akzeptieren, so wie sie sind.
Eine kleine Pause schafft hörbar Platz
Deshalb lasse ich bei Worten wie Schüler:innen eine kleine Pause. Dieser kleine Zwischenraum mitten im Wort hält sichtbar und hörbar einen Platz offen für alle nicht binären Menschen.
Schon jetzt bestanden - in Gerechtigkeitsfragen
Ich schätze, auch Louise Terhorst und die anderen Prüflinge werden das so machen – wenn sie in zwei Wochen das mündliche Abitur ablegen. Egal ob sie dafür dann auch Punkte abgezogen bekommen, oder nicht. Für mich haben sie jetzt schon bestanden – zumindest, wenn es um die Frage von Gerechtigkeit geht und den Einsatz für andere.
[1] Quelle: www.tagesschau.de/inland/regional/hessen/hr-hessen-am-morgen--busfahrer-streiken-in-vielen-staedten-100.html