Labyrinth zum Schulbeginn
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Labyrinth zum Schulbeginn

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Als ich Lilli vor ein paar Tagen in der Schule getroffen habe, da baumelte ein roter Anhänger an ihrer Schultasche. Wie ein altes, rotes Briefsiegel sieht er aus. Sie hat ihn im Schulanfangsgottesdienst für die neuen Fünftklässler bekommen. Ein Labyrinth ist darauf eingeprägt.  Die jetzigen Sechstklässler hatten sich mit diesem alten Symbol beschäftigt und ihre Ergebnisse im Gottesdienst für Lilli und die anderen Neuen vorgetragen.Sie hatten sich daran erinnert, wie das war, als sie selbst neu waren am Gymnasium. Mit einem Stift haben sie auf dem Papier zuerst ein Labyrinth nachgefahren und danach einen Irrgarten.

Schnell haben sie gemerkt: Labyrinth und Irrgarten, das ist nicht dasselbe. Ein Labyrinth bietet nur einen einzigen langen, verschlungenen Weg. Der führt sicher zur Mitte. Im Irrgarten konnten sie sich dagegen in Sackgassen verrennten. Manche mussten beinahe panisch einen Ausweg finden aus der bedrohlichen Enge. Einige sind steckgeblieben. Dann hat es sich in der Schule angefühlt wie im Irrgarten. Deshalb haben sie im Gottesdienst zum Irrgarten gesagt:  „Da komm ich nicht durch! Jetzt fang ich woanders an. Ich schaff das nicht, das geht nicht! Auf einmal kam eine Sackgasse, da war ich enttäuscht. Da hat jemand geweint, weil er es nicht geschafft hat.“

Ganz anders klangen die Sätze zum Labyrinth: Warum muss ich immer wieder weg vom Ziel? Muss ich wirklich den ganzen Weg gehen? Ganz weit weg von der Mitte fühl‘ ich mich verloren. Immer daran denken: irgendwann bist du da. Lass dir ruhig Zeit, du kommst ja so wie so an. Mach auch mal halt, genieß‘ es. Geh dein eigenes Tempo! Solche Sätze über das Labyrinth machen Mut, sich auch in der Schule zurechtzufinden. Daran muss hin und wieder erinnert werden. Darum baumelt Lillis Labyrinth-Anhänger jetzt an ihrer Schultasche. Als Zeichen dafür: Es gibt für dich einen Weg. Den kannst du gehen, unabhängig von dem, was du jetzt leisten kannst. Gott behütet und begleitet dich.

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