Frag Paul, die Krake!
„Was den Nachnamen betrifft, das war schwierig“, sagt die Frau, die bald heiraten wird. „Für mich kamen zwei Möglichkeiten in Frage: Meinen Nachnamen behalten oder seinen Nachnamen als Familiennamen nehmen. Ich habe ewig hin und her überlegt und konnte mich nicht entscheiden. Am Ende habe ich Paul, die Krake gefragt.“
Paul, die Krake? „Sie wissen schon“, sagt die Frau. „Der Oktopus, der bei der Fußball-WM 2010 fast alle Spiele richtig vorausgesagt hat.“ In Pauls Aquarium wurden einige Tage vor jedem Spiel zwei Boxen mit Futter versenkt. Die Boxen waren jeweils mit der Nationalflagge der beiden Länder beklebt, die gegeneinander spielen sollten.
Paul, die Krake wurde zu Wasser gelassen, und es kam darauf an, aus welcher Box er sein Futter holt. Bis auf ein Spiel lag er immer richtig. Paul, die Krake starb noch im Jahr der Fußball-WM. Aber man kann ihn jetzt online befragen. Das Kraken-Online-Orakel spuckt innerhalb von Sekunden die Antwort aus.
Schon witzig. Im antiken Griechenland befragte man in Delphi eine junge Frau, die über Dämpfen aus einer Erdspalte saß. Ihr war von den Dämpfen ganz schummerig und sie lallte halbverständliche Worte. Im alten Rom versuchte man am Flug der Vögel abzulesen, ob ein geplantes Unternehmen den Göttern angenehm sei. Wir im digitalen 21. Jahrhundert befragen Paul, die Krake.
Die Frau, die sich überlegt hat, wie sie nach ihrer Heirat heißen soll, lacht. „Nein, dran glauben tu ich nicht. Ich leg doch meinen Nachnamen nicht in die Fangarme einer Krake. Man kann das Orakel auch ganz einfach austricksen. Man vertauscht die Optionen und fragt nochmal. Schon kommt genau das Gegenteil heraus. Aber es hat mir gezeigt, wie ich auf die jeweilige Antwort reagiere – und mir dadurch zur eigenen Entscheidung verholfen.“
Gut, wenn man sich von solchen Spielchen nicht abhängig macht – das wäre der pure Aberglaube. Aber wenn man die Unterhaltung mit Kraken nutzt, um sich selber darüber klar zu werden, was man will – warum nicht? Nach christlichem Glauben will Gott durch unser Herz zu uns sprechen. Es ist beruhigend zu wissen: In unser Herz hat Gott schon gelegt, wo es lang geht – wir merken es nur nicht immer gleich.
