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Laurentiustränen
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Laurentiustränen

Eva Reuter
Ein Beitrag von Eva Reuter, Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen
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Haben Sie heute Nacht eine Sternschnuppe gesehen? Die sind jedes Jahr um diese Zeit in großer Zahl am nächtlichen Himmel zu sehen.

Für mich sind Sternschnuppen immer noch etwas Magisches. Schon als Kind war ich ganz aufgeregt, wenn ich mal eine gesehen habe. Ich habe erzählt bekommen: Man darf sich etwas wünschen, wenn man eine Sternschnuppe sieht. Damit es in Erfüllung geht, darf man es aber niemandem erzählen. Das habe ich oft ausprobiert, und nicht immer ging der Wunsch in Erfüllung, manchmal schon. Aber bis heute finde ich es berührend, wenn ich diese Himmelslichter sehe.

Eigentlich ist es ja nur ein astronomisches Phänomen – gut zu erklären und gut erforscht: „Perseiden“ wird der Meteorstrom genannt, der jedes Jahr Mitte August auftaucht und besonders viele Sternschnuppen bringt. Im Volksmund heißen diese Sternschnuppen auch „Laurentiustränen“ – benannt nach dem Heiligen, der heute im christlichen Kalender steht.

Laurentius gehört zu den frühen Märtyrern in Rom. Der Legende nach wurde er im Jahr 258 am 10. August auf einem Rost über glühendem Feuer zu Tode gefoltert. Schon sehr bald gab es viele Legenden über ihn, und er wurde von den frühen Christen verehrt. Die vielen Sternschnuppen, die um seinen Todestag zu beobachten sind, erinnerten die Menschen damals offenbar an Tränen und an den qualvollen Tod des Laurentius.

Für mich sind die Sternschnuppen eher ein Hinweis auf etwas anderes: Ich bin nur ein winzig kleines Menschlein in einem großen Weltall. Wenn ich unter dem Sternenhimmel stehe – besonders abseits der Städte sieht man ja viel mehr Sterne –, dann wird mir bewusst, wie klein ich bin und wie wunderbar und groß die ganze Schöpfung ist.

Mir fällt dann oft eine Zeile aus einem Psalm der Bibel ein: „Gott bestimmt die Zahl der Stern und ruft sie alle mit Namen“ (Psalm 147,4). Und dann erinnere ich mich an das alte Wiegenlied, das meine Mutter mir vorgesungen hat und das ich meiner Tochter vorgesungen habe: „Weißt du wie viel Sternlein stehen“. Darin wird erzählt: Gott hat alle Sterne gezählt und kennt sie, und er rief Mücken und Fische beim Namen, und schenkte ihnen so das Leben. In der letzten Strophe heißt es dann:  

Weißt du, wie viel Kinder frühe
stehn aus ihren Bettchen auf,
dass sie ohne Sorg und Mühe
fröhlich sind im Tageslauf?

Gott im Himmel hat an allen
seine Lust, sein Wohlgefallen,
kennt auch dich und hat dich lieb. – Kennt auch dich und hat dich lieb.

(Wilhelm Hey veröffentlichte den Text erstmals 1837)

Daran muss ich denken, wenn ich unter einem sommerlichen Sternenhimmel stehe und Sternschnuppen sehe. In mir verbindet sich dann das Erlebnis der Schöpfung mit dem Lied zu einem Gefühl von Geborgenheit. Die Laurentiustränen oder Sternschnuppen erinnern mich daran: Ich bin zwar nur ein kleines Menschlein, aber doch in Gottes Liebe geborgen, komme was wolle.

 

 

 

 

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