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Kloster auf Zeit
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Kloster auf Zeit

Christopher Rinke
Ein Beitrag von Christopher Rinke, Regionalreferent im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Weimar (Lahn)
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Am vergangenen Wochenende war ich wieder zu Besuch in einem Kloster. Das mache ich seit einigen Jahren regelmäßig am Jahresanfang. Ich ziehe mich für drei bis vier Tage aus dem Alltag zurück und gönne mir Ruhe.

Es beginnt damit, dass ich mich auf den Rhythmus des Klosterlebens einlasse. Das fordert mich schon ein wenig heraus. Feste Zeiten für Andachten und Mahlzeiten gibt es in meinem normalen Tagesablauf kaum. Dort variieren sie von Tag zu Tag, sind abhängig von den Projekten und Orten, an denen ich arbeite.

Ich mag meinen Beruf mit seinen abwechslungsreichen Aufgaben. Und doch imponieren mir Orte wie das Kloster, die seit Jahrhunderten einen festen Tages- und Wochenablauf haben. Ich entdecke dabei: Es kann entlasten, mich auf diesen Rhythmus einzulassen. Ich genieße es, für ein paar Tage mal keine Entscheidungen im Blick auf die Tagesstruktur treffen zu müssen.

Manchmal nehme ich auch an den Tagzeitengebeten teil. Das sind über den Tag verteilte feste Andachtszeiten, in denen ein vorgegebener Ablauf zelebriert wird.

Diese Form der Andacht und des Gebets ist mir als baptistischer Pastor in einem katholischen Kloster eher fremd. Trotzdem gefällt mir, dass ich mich für diese Momente am Tag in die Worte und Formulierungen eines anderen fallen lassen kann.

Die meiste Zeit des Tages verbringe ich in meinen Klosterzeiten mit Schweigen. Das ist am Anfang erstmal harte Arbeit. Es ist wirklich nicht leicht: Unablässig melden sich unerledigte Aufgaben oder Gedankenblitze zu Wort. Mir hilft es dann, diese aufkommenden Gedanken aufzuschreiben. Sind sie erstmal notiert, verfliegt die Angst, ich könnte etwas vergessen. Ich merke: Die Lösungen für so viele Alltagsfragen ergeben sich ausgerechnet jetzt, wenn ich mal zur Ruhe kommen möchte. Mit der Zeit kann ich dann mehr und mehr die Stille wirklich genießen. Es ist wie ein befreites Atemholen.

Und ich spüre am eigenen Leib, was Jesus meint, wenn er sagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken."

Denn offen gesagt: Es war das Gefühl von Beladen-Sein, das mich ins Kloster gebracht hat. Diese Sehnsucht nach Erleichterung und Erfrischung. Sicher war auch ein wenig Neugier dabei. Aber am Ende steht die Erfahrung, Gott zu begegnen. Still zu werden bringt mich weiter. Und ich stelle fest: Ich werde gehört. Ich bin nicht allein mit meinen Fragen und meiner Not. Wenn ich die Stille aushalten lerne, bekomme ich auch Antwort.

Und ich merke dabei: Nicht die Klostermauern oder die Liturgie sind das Entscheidende. Diese Formen können mir helfen. Das Wichtigste ist aber: Um Antworten zu finden, muss ich mir Zeit nehmen und hinhören. Das Getöse des Alltags für einige Zeit hinter mir lassen. Das gibt mir neue Frische und Kraft.

So ein paar Tage im Kloster sind natürlich eine außergewöhnliche Zeit. Diese Erfahrung wünsche ich mir aber auch für meinen Alltag jenseits der Klostermauern. Dafür versuche ich mir in einer ganz normalen Woche Zeit freizuhalten.

Zum Beispiel kommenden Montag: Da nehme ich mir ein paar Stunden meines freien Tages und gehe bei uns im Wald spazieren. Den Weg habe ich mir schon in verschiedene Abschnitte aufgegliedert. Ich mache mir bewusst, welche Themen mich gerade auf Trab halten und gebe sie anschließend in Gottes Obhut. Dann schärfe ich die Sinne und nehme wahr. Schweige und staune. Irgendwann bin ich an einem Punkt, an dem ich aufbreche und die Entscheidung treffe, auf welchem Weg ich zurückgehe.

So oder so ähnlich habe ich das schon öfter gemacht. Die Form kann variieren. Aber: Still werden und hinhören. Das tut mir gut.

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