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Das Wunder der Deutschen Einheit
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Das Wunder der Deutschen Einheit

Bernd Spriestersbach
Ein Beitrag von Bernd Spriestersbach, Evangelischer Pfarrer, Fulda

Es kommt mir immer noch vor wie ein Wunder. Der Mauerfall, die Grenzöffnung 1989 und die Wiedervereinigung vor 26 Jahren.

Aus meiner Kindheit weiß ich noch, dass Tante Elfriede und Onkel Hubert uns besuchen kamen. Aus der „Zone“. Sie durften kommen, weil sie Rentner waren. Die Grenze zur DDR, den ‚Eisernen Vorhang‘, den Todesstreifen kannte ich von Ausflügen in die Rhön. Anfang der 80-er besuchten wir von Göttingen aus mit einer Studentengruppe Mühlhausen in Thüringen. Im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs. Und in Dresden bin ich gewesen. Zu Besuch bei meiner Tante.

Der Grenzübertritt und die Kontrollen flößten mir Angst ein. Ohnmächtig und schikaniert fühlte ich mich. Da war das Bedrückende des Systems. Und da waren die schönen Erlebnisse mit den Ostverwandten. Der Besuch in der Semperoper, unbekannte Genüsse wie die Soljanka und die Quarkkäulchen. Und in der Familie die tiefen Gespräche über Gott und unsere unterschiedlichen Welten.

Diese Grenze sollte einmal nicht mehr sein? Völlig unvorstellbar! Und dann die Montagsdemonstrationen, die Friedensgebete und Kerzen in Leipzig. Der Mauerfall. Die Grenzöffnung.

Damals war ich Pfarrer in Walburg bei Hessisch-Lichtenau. Die Grenze war nicht weit. Von Eschwege nach Kassel führte die B 7 durch unser Dorf. Sie war voll von hupenden Trabis. Glückselig winkten Ost und West einander zu. Ergriffen vom gefühlten Wunder haben wir damals die Glocken unserer Kirche. geläutet.

Es war wunderbar. ‚Wunder – bar‘ im wörtlichen Sinne. Ja, wie ein Wunder kam es uns vor, was wir da miterleben durften. Unfassbar. Unglaublich.

Als Kirchengemeinde haben wir am Vorabend des 3. Oktober 1990 einen Dank- und Bußgottesdienst gefeiert. Gedankt für die Wiedervereinigung. Buße getan dafür, dass wir Gott so wenig zutrauen; – uns abfinden mit den vermeintlichen Unabänderlichkeiten dieser Welt. Gott eröffnet neue Wege, wo wir nur Mauern sehen. Solche Wunder haben wir nötig. Immer wieder.

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