hr4 ÜBRIGENS
hr4
Petig, Susanna

Ein Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Kirchspiel Gensungen, Felsberg /Eder

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Kind seiner Zeit sein

„Was mir heute schwer wird“, sagt die betagte Dame zu mir, „das ist, dass von meiner Generation ja fast niemand mehr da ist. Die Jüngeren haben ja nicht miterlebt, was ich erlebt habe. Mit denen kann ich nicht so einfach über vieles reden. Das geht einfach besser mit Menschen meiner Generation“.

Das verstehe ich. Jeder Mensch ist ein Kind seiner Zeit. Wenn ich mit Jugendlichen spreche, spüre ich, wie anders sie die Dinge sehen. Reisen, Work-Life Balance spielen bei vielen eine andere Rolle als bei uns.

Bei uns Babyboomern stand oft die Arbeit im Vordergrund. Meine Freundin aus Schulzeiten versteht das. Wir sind Kinder derselben Zeit.

Ich kann mir vorstellen, wie die alte Dame solche Gespräche vermisst. Und natürlich auch die dazugehörigen Menschen, die ihr nahestanden.

Durch Verständigung über Generationen hinweg, eine neue Sicht auf Dinge lernen

Aber für mich liegt auch eine Chance darin, mit Menschen aus anderen Generationen zu reden. Ich lerne andere Ansichten genauer kennen und kann  deutlich machen, wie ich selbst die Dinge sehe und warum.  Und auf diese Weise lernen wir voneinander über den Tellerrand zu blicken.

Ich verstehe neu, wie zeitgebunden ich bin und denke. Verstehe, dass es Wahrheiten gibt, die die Zeit überholt – und andere, die die Zeit überdauern. Die Bibel versucht sich an zeitlosen, immer gültigen Wahrheiten. Das gelingt ihr nicht immer. Auch die Verfasser der Bibel waren Kinder ihrer Zeit.

Aber die Botschaft von der Liebe Gottes zu uns Menschen gilt den Kindern aller Zeiten: der alten Dame, meiner Freundin, mir und auch den kommenden Generationen.

Doch vielleicht haben wir Gottes Liebe auf unterschiedliche Weise erfahren. Sich darüber auszutauschen, hilft uns auch den Blick über den Tellerrand zu wagen.