Alles gut?!
„Alles gut!“ Überall höre ich es. Vielleicht fällt es mir auch nur so auf, weil es mich oft innerlich auf die Palme bringt. Die Frage am Beginn eines Anrufs: „Und, Andreas, alles gut?“ Oder die Reaktion auf eine Entschuldigung: „Nein, alles gut!“ Und mittlerweile erwische ich mich dabei, dass ich es in diesen Situationen selbst sage.
Halte ich die Frage nur für eine Floskel?
„Und, alles gut?“, werde ich am Telefon gefragt. „Ähm, nein“, schießt es mir durch den Kopf. Ich mach mir nämlich gerade Gedanken, weil es meiner Mutter nicht so gut geht, bin total gestresst und weiß nicht, wo ich anfangen soll – im Büro und zuhause, und eigentlich bin ich total erschöpft… Und dann höre ich mich antworten: „Ja, alles gut“. Warum um Himmels willen? Weil ich gar nicht alles ausbreiten kann und will, was mich gerade beschäftigt, oder weil ich die Frage ohnehin für eine Floskel halte?
Warum bringt mich diese Frage auf die Palme?
Ist denn eigentlich jemals „alles gut“? Irgendwas ist doch immer – auch so eine Floskel. Irgendwas ist ja wirklich immer. Bei allen. Auch bei meinem Gegenüber mit der fröhlichen Frage „Und, alles gut?“ Bin ich also besonders empfindlich, oder bin ich etwa misanthropisch geworden, dass mich diese Frage nervt?
Ist es der inflationäre Gebrauch?
Vielleicht ist es ja auch der inflationäre Gebrauch des „alles gut“, vielleicht ist es eine innere Gekränktheit oder Grundenttäuschung, die mich auf die Palme bringt? Ich weiß es nicht.
Gottes Versprechen kann mich dazu bringen, mich damit anzufreunden
Irgendwas ist ja immer – so ist das Leben. Hat das vielleicht auch etwas Gutes? So als innerer Ansporn, mich nach dem endlich Guten, nach Zufriedenheit und Glückseligkeit auszustrecken? Der christliche Glaube sagt genau das: Im Hier und Jetzt ist eben nicht alles gut. Ich kann aber versuchen, mich diesem Guten anzunähern. Oder versuchen einzuüben, auch das Unzulängliche, das, was nicht gut läuft, zu akzeptieren. Und zu hoffen, dass irgendwann alles gut wird. Denn im Hintergrund meines Lebens läuft das Versprechen Gottes, dass alles gut ist – so ganz grundsätzlich. Weil er nämlich Gutes will und mir Gutes wünscht. Und weil ich glaube, dass ich schlussendlich bei ihm gut aufgehoben bin. Und tatsächlich habe ich sie schon erlebt, die kleinen Momente im Leben, in denen ich mich rundum glückselig gefühlt habe. In denen alles gut war.
„Und, alles gut?“ Mit kleinen Abstrichen, grundsätzlich – „ja, alles gut“. Vielleicht kann ich mich ja doch noch anfreunden mit dieser Aussage.