hr4 ÜBRIGENS
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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

Warum Nachdenken sich lohnt

Warum Nachdenken sich lohnt

Es gibt Neues, auch in der Politik. Das ist Pöbeln. Wo immer Wahlkampf ist, wird gepöbelt gegen alle Gegner. In Amerika beschimpfen sich ein Mann und eine Frau als Lügner. In Deutschland gibt es angeblich eine Lügenpresse und Volksverräter. Und alle Pöbler haben ihre Anhänger. Fällt ein Schimpfwort, klatschen sie laut. Weil andere ja dumm sind oder böse. Nur eigene Leute sind gut. Andere sind so schlecht, dass man sie beschimpfen kann. Egal, ob der Vorwurf stimmt oder nicht. Wer pöbelt, will nicht denken. Sondern Stimmung machen. Alle sind schlimm. Angeblich. Nur wir sind gut.

Das kann nicht stimmen. Und hilft nur dem, der wütend ist. Wer schimpft, will keinen Inhalt und keine Fakten. Man hört nicht mehr zu, weil andere ja lügen. Meint man. Und fühlt sich wohl in seiner Welt. In der gilt nichts außer der eigenen Stimmung. Weil der andere falsch liegt. Und lügt. Nur man selbst ist richtig. Das ist bequem; und darum geht’s. Denken und Handeln sollen bequem sein. Was es nicht ist. Was es nie war und nie sein wird. Denken ist unbequem. Jeden Tag. Heute kann richtig sein, was morgen nicht mehr hilft. Was jahrelang falsch war, ist auf einmal gut. Wer da bequem denkt, wer es einfach will, macht beim Streiten einen schlimmen Fehler. Bald fällt der Fehler auf mich zurück. Wenn ich mal zögere, nicht genau weiß oder Fehler mache, kommt einer und pöbelt mich an. Und ich werde beschimpft in dem Maß, das ich selbst hatte. Niemand gibt sich dann Mühe, bei mir genau hinzusehen. Das darf nicht sein.

Darum bitte ich Sie für alles Alltägliche: Leisten Sie sich Zeit und Nachdenken. Wägen Sie ab und schauen Sie hinter alle Kulissen. Hören Sie genau hin und achten andere Meinungen. Verzichten Sie möglichst auf Urteile und Vorwürfe. Gott wird es Ihnen lohnen. Er lohnt alles Gute.