hr4 ÜBRIGENS
hr4
Rudolff, Claudia

Eine Sendung von

Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel

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Ein Wurf gegen die Angst

Plötzlich ist er da - der Moment der Lebensfreude. Martin Luther ist 39 Jahre alt und lebt seit einem Jahr auf der Wartburg. Und dort hat er sich der Riesenaufgabe gestellt, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Eines Abends hört er im Zimmer seltsame Geräusche. Er hat Angst, dass der Teufel durch die Wand kommt und ihn beim Arbeiten stört. „Nicht mit mir“, denkt er sich. Und dann kommt der Moment der Lebensfreude. Luther nimmt das Tintenfass vom Schreibtisch und wirft es mit voller Wucht gegen die Wand. Sofort ist alles ruhig. Vor allem in ihm selbst. Keine Gedanken, die ihn runterziehen: „Du schaffst das nicht“ oder „Gott hat dich gar nicht bedingungslos lieb - du musst was dafür tun!“

Lebensfreude stärkt

Dieser Wurf - ein Wurf gegen die Angst, nicht zu genügen. Das ist für mich Lebensfreude. Freude ist ja kein dauerndes Hochgefühl. Sondern eine tiefe Gewissheit, die mir den Rücken stärkt, mich aufrecht gehen lässt. Und mich auch dann nicht verlässt, wenn es schmerzhaft oder dunkel wird. Lebensfreude ist ein Licht, das nicht verlischt. Für Luther war dieses Licht klar sein Vertrauen: Gott ist meine Zuversicht und Stärke (Psalm 46,1).  

Gott - das Licht, das nicht verlischt

Das glaube ich auch: Mehr braucht es nicht, um froh zu sein im Leben - auch wenn längst nicht alles Jubel ist und Heiterkeit. Wahre Freude ist, sich getragen zu wissen. Es gibt kein Dunkel, in dem Gott mir nicht leuchtet. Durch Menschen, die gut zu mir sind. Die mir zuhören, mich trösten, mal ablenken oder mich zum Lachen bringen. Und mir zeigen: Ich werde das Schwere bewältigen. Mit Gott an meiner Seite - als Zuversicht und Stärke - als Licht, das nicht verlischt.