Menschen wie Georg
Es müsste mehr von ihnen geben. Menschen mit Haltung wie Georg, vor drei Tagen in Dresden. Georg ist Busfahrer. Bei dem Wetter ist sein Bus voll mit Fahrgästen. Als er eine Haltestelle anfährt, sieht er da zwei Frauen stehen mit ihren Kinderwagen. Jetzt müssen alle zusammenrücken, denkt Georg noch. Und was passiert? Nichts passiert. Im Bus schauen alle irgendwohin, nur nicht auf das Problem. Nicht mit mir, denkt Georg. Er wartet noch zehn Sekunden. Im Bus aber geschieht nichts. Jetzt kommt Georg. Nimmt das Mikrofon, räuspert sich und sagt freundlich und klar:
Wenn die beiden Mütter mit ihren Kinderwagen nicht in den Bus einsteigen können, bleibe ich hier stehen, bis Platz ist; und wenn das bis Ostern dauert. (bild.online am 26. Jan.2013) Und was passiert? Die Fahrgäste murmeln, meckern, schauen sich seltsam an und - machen Platz. Geht doch, denkt Georg. Denke ich auch, als ich das lese.
Es müsste mehr von ihnen geben. Männer und Frauen, die nicht einfach laufen lassen, was läuft. Nicht alles stumm geschehen lassen, was geschieht. Sondern eine Haltung haben, eine Einstellung. Und danach handeln. Wo dreißig Frauen und Männer zum Fenster hinaus schauen und denken: Was gehen mich Kinderwagen an? - nimmt einer das Heft in die Hand und sagt: Mit mir nicht.
Es lebt sich besser mit einer Haltung. Es lebt sich nicht immer leicht damit, weiß Gott. Aber klarer. Wurschteln ist keine Lösung. Meistens wird es dann nur schlimmer. Eine Haltung aber lichtet manchmal den Nebel. Mit mir nicht, ist so eine Haltung. Oder: Ich kümmere mich darum, dass es besser wird; oder:Ich stehe zu dir, das gebietet der Anstand.Haltung ist das Gegenteil von Wurschteln, von Weggucken oder „Ist-mir- doch-egal“ Sagen. Jedes „Egal“ macht das Leben ärmer. Haltung und Anstand aber zahlen sich aus. Wenn nicht gleich, dann später. Jeden Tag kann es Momente geben, da macht man sich selber reich, wenn man anständig bleibt und freundlich sagt: So gehört sich das; so will ich und so mache ich das. Gott helfe mir.