hr1 ZUSPRUCH
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Wittich-Jung, Kathrin

Ein Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Studienleiterin, Hofgeismar

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Schwäche ist die neue Stärke

Ein Freund von mir suchte einen neuen Job. Und bald war er zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Um sich gut vorzubereiten, ging er mit mir einen möglichen Verlauf des Gespräches durch.

Wie zeige ich am besten meine Stärken in einem Bewerbungsgespräch?

Es war uns klar: Er muss seine Stärken nach vorne stellen. Welche Projekte hat er in der letzten Zeit zum Abschluss gebracht? Wo hatte er Erfolg? Hinterher hat er mir erzählt: „Es lief super. Ich habe den Job.“ Ich habe mir sehr für ihn gefreut. Offenbar hat er sich gut verkauft und musste nicht so viel über seine Schwächen reden.

Paulus im neuen Testament findet seine Schwächen gut

Paulus, der Briefeschreiber im Neuen Testament, legt eine andere Strategie an den Tag: Er schreibt an die Gemeinde in Korinth: „Ich will mich rühmen meiner Schwachheit, denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“

Im Alltag sollte man die eigenen Schwächen nicht verstecken

Im Bewerbungsgespräch wäre das sicher unklug. Aber mitten im Alltag macht das manchmal einen Unterschied, wenn ich die eigenen Schwächen nicht verstecke. Das habe ich gemerkt, als ich beim Projekt „Omas Küchentisch aufarbeiten“ mitmachte. Da kamen meine Schwächen zu Tage: Handwerklich bin ich völlig ahnungslos und Hilfe kann ich nur schwer annehmen.

Hilfe annehmen, wäre manchmal besser

Ein Freund fragte noch: „Soll ich dir helfen? Ich habe schon ein paar alte Möbel bearbeitet.“ „Nein. Brauchst du nicht. Es dauerte ewig, bis der alte Lack ab war. Hätte ich Rat und Hilfe angenommen, wäre es sicher schneller gegangen – und mehr gelacht hätte ich auch.

Es ist eine Stärke zu seinen eigenenSchwächen zu stehen

Paulus hat recht: Es ist oft eine Stärke, zu eigenen Schwächen zu stehen. Auch wenn es schwer ist, sich und den anderen einzugestehen, dass man etwas nicht kann. Aber es lohnt sich: Ich lerne neues. Lache dabei manchmal über mich selbst. Oft kommt es auch zu neuen Begegnungen. Und nebenbei fördere ich eine Kultur, die Schwächen zulässt. Das nehme ich mir beim nächsten Projekt zu Herzen: Ich muss nicht alles können. Jeder hat seine eigenen Stärken. Und die Schwächen gehören auch dazu.

Schwäche zeigen und Hilfe annehmen. Da passiert oft Großartiges.