hr4 ÜBRIGENS
hr4
Nobiling, Klaus

Ein Sendung von

Evangelischer Pfarrer im Kirchspiel Lichtenfels-Goddelsheim

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Geteilte Freude

Mein Freund betreibt einen kleinen Laden in einer hessischen Kleinstadt. Er verkauft Zeitschriften, Schreibwaren, nimmt Pakete an und hat immer ein offenes Ohr für seine Kundschaft.

Ein Laden auch für ausgefallene Wünsche und Zwischenmenschliches

Sein Laden ist mehr als ein Geschäft. Ein Ort, an dem Menschen ernst genommen werden. Mein Freund hilft beim Kopieren von Nachweisen fürs Sozialamt, erklärt geduldig die neusten Portopreise und besorgt ausgefallene Wünsche für Schreibwaren beim Schulanfang. Er ist geduldig und hilfsbereit. Auch wenn er innerlich mal genervt ist, bleibt er ruhig und freundlich.

Seitdem er seinen Laden hat, weiß er wie vielfältig Menschen sein können. Und immer wieder wird er überrascht. Neulich: eine ältere Dame sieht sich im Laden um, stöbert dann am Zeitschriftenständer, so lange, bis das Geschäft leer ist.

Einfach nur mal das neue Kleid vorführen

Dann stellt sie sich vor den Tresen, dreht sich einmal flink im Kreis – ihr sommerlicher Rock wirbelt herum. „Was soll das denn jetzt Frau Müller?“, fragt mein Freund verdutzt. „Ach!“ sagt sie verlegen und lächelt. „Ich wollte einfach mal mein neues Kleid vorführen!“

Beide lachen. Frau Müller ist Witwe, die Kinder schon lange aus dem Haus, da ist niemand, der sich mit ihr freuen kann. Aber mein Freund und sein Geschäft – das ist ein Ort, wo sie ihre Freude teilen kann!

Geteiltes Leid ist halbes Leid - auch in einem Schreibwarenladen

Eine Weisheit der Bibel besagt: „Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden“ (1. Korinter. 12,26). Denn geteiltes Leid ist halbes Leid – und geteilte Freude doppelte Freude! Und es ist Nächstenliebe pur.

Mein Freund und Frau Müller haben jedenfalls herzhaft gelacht und sich gefreut.