Zufällige Begegnung
Das Gespräch mit der Frau geht mir nach. Bei der Verabschiedung sagte sie zu mir: „Beten Sie für mich“.
Es war ein trüber Nachmittag, als ich mich auf den Weg zum Krankenhaus gemacht hatte. Das Gespräch mit ihr ergab sich eher zufällig, denn ich hatte einen anderen Besuch geplant. Aber die Frau freute sich über die Gelegenheit, mit mir zu sprechen. „Wissen Sie, das letzte Jahr war ein sehr besonderes für mich. Vor zwölf Monaten habe ich die Diagnose Brustkrebs erhalten, noch dazu mit dem Hinweis, dass es sich um eine sehr aggressive Form handele. Um das ‚große Programm‘ käme ich nicht herum, sagten die Ärzte mir: ‚Operation, Chemos und Strahlentherapie‘.
Zunächst war ich völlig geschockt, war völlig durcheinander, wusste nicht, was ich machen sollte. Zeitweise habe ich nur dagesessen in meinem Sessel und habe so vor mich hin gegrübelt, teilnahmslos, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
Irgendwann spürte ich jedoch, fast körperlich: Ich bin nicht allein und verlassen. Ich spürte jemanden an meiner Seite. Ich spürte Gott an meiner Seite und sein Angebot, mir meinen Rucksack, gefüllt mit Angst und Verzweiflung, zu tragen.
Ich habe dieses Angebot angenommen und mich ganz und gar fallen lassen. ‚Dein Wille geschehe‘, immer und immer wieder habe ich diesen Satz aus dem Vater Unser gesprochen. Und dann habe ich es gefühlt: alles akzeptieren zu können, egal wie es am Ende ausgehen wird.
Danach habe ich mich sehr erleichtert gefühlt und bin sogar manchmal fröhlich durch diese schwere Zeit gegangen. Meine Freunde haben mir hilfreich zur Seite gestanden, haben mich liebevoll begleitet. Jetzt gelte ich als gesund, nicht geheilt, aber immerhin gesund. Dafür bin ich unendlich dankbar. Jeden neuen Tag, den ich erleben darf, nehme ich aus Gottes Hand. Das wirklich Besondere an diesem Jahr war jedoch: In dieser Zeit der extremen körperlichen und seelischen Belastung hat mir mein alter Kinderglaube geholfen mit allem, was an Gefühlen dazugehört: Angst, Wut, Ohnmacht, Geborgenheit und Liebe. Beten Sie für mich“, sagt sie schließlich, „Es hilft mir, nicht nur wenn ich es tue, auch wenn es ein anderer für mich tut“.