Unglaublich aber wahr
„Haben sie einen Moment Zeit? Ich muss Ihnen was erzählen“. Ganz außer Atem kommt die Frau auf mich zu geradelt. Ich kenne sie aus dem Fahrradgeschäft, das sie zusammen mit ihrem Mann betreibt. „Mir ist da vor ein paar Tagen was passiert, das glauben Sie nicht.“ Und schon legt sie los:
„Ich wollte gerade Feierabend machen, war dabei, die Räder reinzuholen, da steht ein junger Mann bei uns im Hof. Auf dem Arm hat er ein Kind, so anderthalb, zwei Jahre alt vielleicht. Etwas zögerlich schaut er sich um. Kann ich was für Sie tun? habe ich ihn gefragt, so, wie ich es immer tue.“
„Und dann stellt er mir diese seltsame Frage“, sie schnappt nach Luft: „Sind Sie die Leute, die vor 15 Jahren schon den Laden hier betrieben haben? Ich habe ihn wohl etwas verdutzt angeschaut, bevor ich „ja“ gesagt habe.
Und dann erzählt er mir diese Geschichte: Vor 15 Jahren habe ich nachts mit zwei Freunden ein Fahrrad aus ihrem Hof gestohlen. Ich war in schlechte Gesellschaft geraten, das weiß ich jetzt. Ich war es, der das Fahrrad über den Zaun gehoben hat. Jetzt, nachdem ich eine eigene Familie und selbst ein kleines Kind habe, möchte ich mich für diese Tat entschuldigen. Ich will auch den Schaden wieder gut machen.
Wissen Sie, sagt er dann zu mir: Jedes Mal, wenn ich in den letzten Jahren an Ihrem Geschäft vorbei gefahren bin, hat mich das schlechte Gewissen geplagt. Heute habe all meinen Mut zusammengenommen und bin zu ihnen in den Hof gekommen.
Und dann drückt mir der Mann doch glatt einen Umschlag mit Geld in die Hand: ‚Hier, für das Fahrrad. Ich will es bezahlen.’ Da war ich dann doch ganz schön erstaunt, sagt die Frau, „Ich wusste erst gar nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte den Umschlag nicht annehmen. Er hatte doch schon all seinen Mut zusammengenommen und sich bei mir entschuldigt. Das fand ich einfach klasse.“ Die Frau hält inne. „Aber ich habe gespürt, wie wichtig es ihm war, das Rad auch tatsächlich zu bezahlen.“ Die Frau steigt wieder auf ihr Rad. „Diese unglaubliche Geschichte musste ich Ihnen einfach erzählen“, ruft sie mir im Davonradeln noch zu.