hr4 ÜBRIGENS
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Olschewski, Gudrun

Eine Sendung von

Evangelische Pfarrerin, Pfungstadt

In der Badewanne und anderswo

In der Badewanne und anderswo

„Singen, das ist mein Lebenselixier,“ sagt die zierliche alte Frau mit den krausen Haaren. „Schon als kleines Kind habe ich gerne gesungen. Es wurde mir in die Wiege gelegt und bis heute tue ich es einfach gerneDa kann ich alles hineinlegen, kann alles, was ich fühle, aus mir heraus singen.“ Und dann erinnert sich die inzwischen 90jährige an die Zeit, als sie ihr Lebenselixier entdeckt hat.

„Schon als kleines Kind lief ich mit meinem Großvater in die Kirche, um die Glocken zu läuten. „Ich durfte mich an das Seil hängen, dass oben von der Decke im Turm heruntergehangen hat. Und dann haben wir gezogen und gezogen, bis die Glocken zu hören waren,“ erzählt sie mir stolz. „Bei meiner Konfirmation versprach ich dem Pfarrer, im Kirchenchor mitzusingen. Bis heute halte ich mich daran. Ich singe einfach für mein Leben gerne und ich bin dankbar, dass meine Stimme es mir bis heute erlaubt,“ sagt sie.

Und fügt hinzu:„Singen, dass kann ich überall. Am meisten Spaß macht es zusammen mit Freunden„Durch das Singen konnte ich früher für eine kurze Zeit dem streng eingeteilten Arbeitstag entkommen. Neben der Feldarbeit mussten wir ja mehrmals am Tag die Glocken im Kirchturm läuten, zu ganz bestimmten Zeiten, bei Wind und Wetter. Mit einem Lied auf den Lippen ist mir manches leichter gefallen, damals und heute auch“, ergänzt sie. „Singen gibt mir Kraft, durch meinen Alltag zu kommen, wenn das Laufen mal wieder schwer fällt und die Glieder schmerzen“.

Und sobald es um ein Lied im evangelischen Gesangbuch geht, da kann man ihr nichts vormachen. Viele Texte hat sie im Kopf, seit ihrer Konfirmandenzeit. Da kennt sie sich aus und gibt mir gleich eine kleine Kostprobe: „Ich singe dir mit Herzen und Mund, Herr, meines Herzens Lust. Ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst“. Dass Gott ihr dieses Talent geschenkt hat, dafür ist sie unendlich dankbar. „Und deshalb werde ich singen, solange ich lebe“, sagt die betagte Dame und ihre Augen leuchten dabei „, und schon stimmt sie voller Freude die nächste Strophe an: „Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut. Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut“.