Erntedank in der Kirche und im Alltag
Moderator/in: Heute feiern viele Katholiken (die evangelischen Christen hatten das Fest vor ca. 2 Wochen) Erntedank. Der Mensch dankt Gott für die Gaben - das haben übrigens schon die alten Römer getan. Steffi Mosler von der katholischen Kirche, das ist eins deiner Lieblingsfeste mit einem sehr aktuellen Bezug.
Stephanie Mosler: Ich liebe Erntedank. Ich kann mich erinnern: Schon als Kind fand ich das wunderbar. Und als meine Kinder im Kindergarten waren und wir als Eltern die Kirche dann mit den Kids geschmückt haben, war das immer wunderschön. Und es hat für mich eine sehr tiefgreifende Bedeutung.
Auch meine Großeltern hatten einen großen Garten und die Ernte war wichtig, um ihre Kinder wiederum in den 1950er-Jahren durchzubringen. So wurden auch wir erzogen: Die Pflanzen, die Sträucher, das Gewächshaus, das waren Teile des Lebens. Eine echte Mammutaufgabe: auf eine gute Ernte zu hoffen, alles einzukochen, einzuwecken, damit man im Winter genug hat.
Das bestimmt viele geprägt - mich auch. Und deswegen habe ich immer ganz große Schwierigkeiten, etwas wegzuwerfen. Denn ich weiß um die Arbeit, die in so einem Stück Obst oder Gemüse steckt, auch wenn ich das meiste im Supermarkt kaufe.
Deswegen ist das Erntedankfest besonders für uns als Gesellschaft sehr wichtig.
Moderator/in: Regionales Essen ist Trend, trotzdem zieht man das ja nicht so richtig durch: Erdbeeren gibt es auch noch im November und Tomaten sowieso das ganze Jahr. Ist das alles für uns zu selbstverständlich geworden?
Stephanie Mosler: Ja und nein. Es stimmt: Immer ist alles da, so richtig nach Saison müssen wir gar nicht mehr leben und kochen. Aber ich bemerke auch einen Trend. Ich finde es gibt ganz schön viele Hobbygärtner - und sei es nur ein kleines Hochbeet auf dem Balkon. Hat man da erst mal eine Pflanze oder ein paar Kräuter drin, dann kümmert man sich ganz anders: Man gießt, düngt und will, dass aus so einem Samen wirklich was wird. Und letztendlich ist man auch mächtig stolz.
Und noch einen Trend beobachte ich: Viele Hessinnen und Hessen halten Hühner. Da will man nachhaltig leben, das Eigene pflegen und genießen. Und ich glaube, damit ist ja mit jedem Frühstücksei oder einem selbstgemachten Salat ein kleines Erntedankfest verbunden.