„Unsere Zeit ist jetzt“
„Unsere Zeit ist jetzt“. Sagt Ute Hamelmann, die heute 50 wird. Sie lebt im Münsterland, schreibt und zeichnet. In einem Cartoon sitzen zwei Männer beim Bier: „Schon gehört? Muslime, Ungetaufte und Homosexuelle dürfen endlich Schützenkönig werden. Aber keine Frauen.“ Der andere ist erleichtert: „Puh, und ich dachte schon…“.
„Think outside the Box“
Im Hauptberuf arbeitet Hamelmann als Innovationsmanagerin. Sie hilft einer Firma, mit Veränderungen am Ball zu bleiben. Ein Motto ist das bekannte „think outside the box“ – über den Tellerrand hinausdenken.
Ihr Thema „Frauen“ und ihre Art zu denken, hat sie zusammengebracht in dem Buch „Unsere Zeit ist jetzt“. Mit „uns“ meint sie „euch“, also die Frauen. Ein Hauptanliegen: Frauen nicht in Systeme pressen, die verändert werden müssen.
Eine Stelle im Buch gefällt mir besonders gut: Eine Mutter entdeckt in der Frisur der erst 19jährigen Tochter ein graues Haar. Nicht schlimm! Hamelmann lädt ein: „Umarme das Unperfekte“.
Frauen müssen immer mehr leisten als Männer, um sich zu behaupten
Frauen müssen sich in manchen Jobs extra behaupten und zeigen, dass sie mindestens genauso gut darin sind, wie ein begabter Mann. Sie werden immer noch öfter in Frage gestellt als wir oder stellen sich selbst in Frage, weil nicht wenige von ihnen einen Perfektionismus schon von Haus aus mitbringen.
Oder sie nehmen sich zugunsten der Familienarbeit beruflich zurück. Auch dann müssen sie sie sich rechtfertigen: „Du Arme! Kannst nur eine halbe Stelle arbeiten!“ So als wäre die Gleichberechtigung bei ihnen zuhause noch nicht richtig angekommen.
Eine persische Frau hat mal zu mir gesagt:„Bei uns bringen die Männer mehr Geld nachhause als die Frauen. Aber das ist okay.“ Ich ziehe erschrocken meine mitteleuropäischen Augenbrauchen hoch. Sie spricht weiter: „Die Männer müssen das Geld abgeben. Bei Euch in Deutschland müssen Frauen alles machen, was Männer tun. Das, was nur sie können oder was man besser sie machen lässt, kommt obendrauf… das ist auch keine Gleichberechtigung.“
Die Frage ist nicht, ob es im Iran in Syrien oder dem Iran mehr Gleichberechtigung gibt. Die Frage ist, ob das, was wir darunter verstehen, der letzte Schluss ist. Sind wir bereit zum „outside the box“-Denken?
Es gibt nicht die eine Lösung für alle
Es gibt nicht die Lösung für alle. Wer den Weg abwertet,den jemand für sich gefunden hat oder die Art, wie eine Familie sich organisiert-der übersieht schnell den Fehler im eigenen System.
„Umarme das Unperfekte!“
Als Mann, als Christ, als Dilettant in so vielen Dingen fühle ich mich regelrecht selbst umarmt durch diese Aufforderung.
Perfekt wird es nie. Nicht schlimm! Wenn Menschen dort, wo sie leben und arbeiten, das Gefühl haben, sie selbst sein zu dürfen, wichtig, wertvoll und sich so organisieren dürfen, wie es zu ihnen passt, dann ist ihre Zeit gekommen.