hr2 ZUSPRUCH
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Reuter, Eva

Eine Sendung von

Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen

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Gekommen, um zu bleiben

Es gibt Songs, die bleiben bei mir hängen. Nicht, weil sie einen besonderen Ohrwurmcharakter haben, sondern weil sie ein Gefühl auf den Punkt bringen. „Gekommen, um zu bleiben“ von der Band „Wir sind Helden“ ist so ein Lied für mich.

Da singt Judith Holofernes: „Wir sind gekommen, um zu bleiben, wir gehen nicht mehr weg.“ Für mich ist das mehr als nur ein Ohrwurm. Es ist eine Haltung. Ein bisschen auch ein Widerstand und auch irgendwie ein Versprechen.

Widerspruch zur heutigen schnellebigen Zeit

In dieser schnelllebigen Zeit ist es ein Widerstand, zu bleiben: Alles ist Projekt, temporär und begrenzt. Menschen ziehen weiter, sobald es unbequem wird. Beziehungen, Jobs, Orte – alles ist austauschbar. Aber in diesem Song klingt eine Gegenbewegung an: „Denn es ist unsere Entscheidung - wir bleiben hier.“ Das ist fast schon revolutionär. Eine Ansage. Und vielleicht auch ein Sehnen: danach, irgendwo anzukommen. Nicht dauernd flüchten zu müssen. Nicht immer alles offenhalten zu müssen.

Im Song steckt für mich auch Trotz. Eine Art: „Jetzt erstrecht.“ Es klingt nach Menschen, die zu oft gesagt bekommen haben: „Ihr passt hier nicht rein.“ Aber sie bleiben trotzdem. Oder gerade deshalb.

Eine sehr christliche Haltung

Ich beziehe den Text deshalb auch auf mich als Christin in der Kirche. Vermutlich war das nicht die Intention der Band, aber für mich passt es trotzdem. Diese Haltung „gekommen, um zu bleiben“ ist aus meiner Sicht eine sehr christliche.

Sie hat eine tiefe Nähe zur Botschaft Jesu. In der Bibel sagt Jesus „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Johannes 13,34). Er sagt er nicht: „Haltet ein bisschen zusammen, solange es bequem ist“, sondern: „Liebt einander!“ Und zwar so, wie ich euch geliebt habe – radikal, kompromisslos, bleibend.

Auch Jesus ist geblieben

Auch Jesus ist „gekommen, um zu bleiben“. Nicht äußerlich – er wusste, dass er am Kreuz sterben würde. Aber innerlich: In der Liebe, die bleibt.

Ich denke: Christinnen und Christen haben den Auftrag zu bleiben. Nicht als Zwang, nicht verbissen. Sondern als Haltung der Stärke: Ich bleibe in der Freundschaft, auch wenn es schwierig wird. Ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass Würde unantastbar ist. Ich bleibe im Gespräch, auch wenn die andere Meinung schwer auszuhalten ist. Ich bleibe im Glauben, auch wenn ich vielleicht gerade nichts spüre. Ich bleibe in dieser Welt, als Gestalterin und Botin der frohen Botschaft.

Am Ende des Liedes heißt es: „Wir war’n nie weg, wir war’n nur woanders.“ Manchmal gilt auch das für mich: für meinen Glauben, für mein Engagement. Aber heute möchte ich aus voller Überzeugung sagen: Als Christin bin ich hier und ich bin gekommen, um zu bleiben. Nicht perfekt. Nicht für immer. Aber ehrlich, echt, verlässlich.