Alles, was atmet
„Alles, was atmet, lobe den Herrn" – dieser Vers steht in der Bibel im Buch der Psalmen. Gottes Name steht am Anfang und am Ende dieses Psalms. Wo die deutsche Übersetzung „Herr" sagt, steht im Hebräischen eigentlich ein Kürzel für Gottes Namen. Im Judentum wird er nicht ausgesprochen, aber es gibt ein Bewusstsein dafür, dass es der Name Gottes ist. Wenn die deutsche Übersetzung den Namen mit „Herr" wiedergibt, lässt sich das nicht so leicht bemerken. Die beiden jüdischen Gelehrten Martin Buber und Franz Rosenzweig haben den Gottesnamen in ihrer Bibelübersetzung deshalb mit dem Personalpronomen wiedergegeben: „Aller Atem preise oh Ihn!" heißt der Vers bei ihnen. Vielleicht ließe sich der Vers auch als Anrede paraphrasieren: „Aller Atem lobpreise Dich, Gott!"
Beim Ein- und Ausatmen spreche den Psalm
Den Atem brauche ich zum Leben, besonders beim Treppensteigen oder Laufen, aber vor allem auch beim Sprechen, beim Singen oder Saxophonspielen. Dabei hängt viel daran, dass ich den Atem ohne Anstrengung in mich einströmen lassen kann. Manchmal lege ich den Psalmvers auf mein Atmen – morgens bei der Meditation oder auch tagsüber, um zur Ruhe zu kommen. Beim Einatmen spreche ich innerlich den ersten Teil „Alles, was atmet“ und spüre, wie der Atem langsam meinen Körper ausfüllt. Beim Ausatmen spreche ich dann den zweiten Teil „lobpreise Dich, Gott!“ und ich stelle mir vor, wie mein Atem mich mit dem Leben um mich herum verbindet. Ich versuche, all das zu einem inneren Lobpreis Gottes werden zu lassen.
Nicht nur Menschen – auch Tiere loben Gott
Nicht nur Menschen leben vom Atmen – das weiß auch die Bibel. Wenn aller Atem Gott preist, sind also nicht nur Menschen gemeint. Tiere und andere Lebewesen loben ebenso Gott und kennen ihn mit seinem Namen. Im letzten Buch der Offenbarung stehen ein Löwe, ein Stier, ein Mensch und ein Adler vor Gott und preisen ihn (Offb 4,7). Der Mensch ist sogar erst an dritter Stelle genannt. Die Menschen bilden zusammen mit den übrigen Geschöpfen eine große Gemeinschaft, die Gott lobt – jedes Lebewesen auf seine je eigene Weise.
Wir sollen die große Schöpfungsgemeinschaft bewahren
„Alles, was atmet, lobe den Herrn" ist der allerletzte Vers im Buch der Psalmen. Alle Schöpfung lebt von Gottes Atem und stimmt am Ende der Psalmen in seinen Lobpreis ein. Wenn in diesen Tagen im brasilianischen Belém die Weltklimakonferenz stattfindet, ist es für mich als Christ wichtig, mir dies bewusst zu halten. Es muss das Ziel aller Menschen bleiben, diese große Schöpfungsgemeinschaft zum Lobpreis Gottes zu bewahren.