hr2 ZUSPRUCH
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Wiesheu, Annette

Eine Sendung von

Katholische Studienleiterin an der Akademie des Bistums Mainz in Darmstadt

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Verlässlichkeit schafft Vertrauen

Wenn ich irgendetwas aus dem Leben mit meinen Kindern gelernt habe, dann: wie wichtig es ist, verlässlich zu sein. Ich erinnere mich an eine Geschichte, die schon ein paar Jahre zurückliegt. Meine beiden Kinder waren damals noch im Kindergartenalter. Ich habe ihnen angekündigt, dass wir zum Baden gehen – und dann hat es geregnet, als wir aufbrechen wollten. Ich musste den Kindern erklären, dass wir jetzt, beim Regen, nicht loskönnen und es nichts wird mit dem Schwimmen. Die Kinder waren furchtbar enttäuscht, sie konnten das überhaupt nicht fassen: „Aber du hast doch gesagt, dass wir schwimmen gehen. Du hast es uns doch versprochen!“ Mit meinem Argument „Es regnet“ und „Beim Regen kann man nicht schwimmen gehen“ konnte ich kaum etwas ausrichten. Was für die Kinder zählte war: Die Mama hat ihnen das versprochen – und jetzt sagt sie etwas anders. 

Kinder sind vergleichbar in einer schwächeren Position

Zunächst habe ich das gar nicht so recht verstanden: Ich fand es nur logisch, dass wir beim Regen nicht schwimmen können. Aber die Kinder hat es offenbar sehr verunsichert. Und ich kann das bei genauerem Nachdenken auch nachvollziehen: Gerade Kinder sind darauf angewiesen, dass sie sich auf die Menschen um sie herum verlassen können. Denn gegenüber Erwachsenen sind sie in einer schwächeren Position, sie sind letztlich abhängig von Eltern, Erzieherinnen, Lehrern. Es braucht viel Vertrauen, und Vertrauen gründet eben auch in Verlässlichkeit in konkreten, alltäglichen Dingen. 

"Du bist mir nicht egal"

Auch mir als erwachsenem Menschen ist Verlässlichkeit wichtig, natürlich in Beziehungen zu anderen Menschen, zu meinem Mann, meiner Familie, meinen Freunden. Aber auch in kleinen Dingen, im Alltag: dass ich bei Verabredungen nicht einfach versetzt werde, dass ich zumindest Bescheid bekomme, wenn eine Frist nicht eingehalten werden kann, dass Pläne nicht ständig geändert werden. Und zugleich merke ich auch: Es ist gar nicht immer leicht, alle Zusagen einzuhalten. Es passiert mir schnell, dass ich dann doch zu spät dran bin oder es mir durchrutscht, dass ich am Morgen gesagt habe, ich bringe Brot zum Abendessen mit. Sicherlich steht dann nicht immer gleich das Vertrauen auf dem Spiel. Aber es ist doch wichtig, dass wir uns aufeinander verlassen können, im Großen und im Kleinen. Es ist ein Stück Respekt vor dem anderen, dass ich nicht leichtfertig über eine Abmachung hinweggehe. Damit bringe ich auch zum Ausdruck: Was wir ausgemacht haben, ist mir nicht egal. Du bist mir nicht egal. Und Verlässlichkeit schafft eben Vertrauen, und Vertrauen braucht es in allen menschlichen Beziehungen, in der Zusammenarbeit, im Zusammenleben.

Übrigens ist die Geschichte mit meinen Kindern und dem abgesagten Schwimmbadbesuch dann doch noch gut ausgegangen: Der Regen hat aufgehört und wir konnten los zum Schwimmen. Und ich war sehr froh, dass ich mein Versprechen am Ende doch noch halten konnte.