Manege frei
Letzte Woche war ich zum ersten Mal mit meiner dreijährigen Tochter im Zirkus. Schon beim Betreten des Zeltes war da dieses Kribbeln – der Duft nach Popcorn, die bunten Lichter, die gespannte Erwartung. Und dann ging’s los: Clowns, Artisten – ein ganzer Kosmos aus Staunen und Lachen. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich mein Kind. Die Augen funkelten, ihr Mund offen – pure Begeisterung. Für sie war das alles einfach nur schön. Kein Hinterfragen, kein Vergleichen – einfach Staunen.
Für mich selbst war es tatsächlich auch eine Premiere – und ich gebe zu: Dieser Abend hat mich tief beeindruckt und berührt. Diese Menschen, die mit dem Zirkus leben und arbeiten, sie ziehen von Ort zu Ort, geben alles für ihren Traum. Sie trainieren, sie riskieren, sie schenken anderen Freude. Das ist Hingabe – und auch ein Stück Glaube.
Vertrauen und Glaube im Zirkuszelt vereint
Denn Vertrauen gehört dazu – wenn der Artist in schwindelerregender Höhe balanciert, wenn die Akrobatin springt und weiß: Der Partner fängt mich auf. Da dachte ich: So ähnlich ist das mit Gott. Auch wir dürfen loslassen und was riskieren – im Vertrauen darauf, dass uns jemand auffängt. Genau das vermittelt auch der Clown – er, der die Pausen zwischen den Darbietungen füllt, er mit seinem aufgemalten Gesicht und der auffallenden Verkleidung. Er bringt uns zum Lachen, obwohl er selbst manchmal traurig ist. Da fällt mir auf: Auch ich trage manchmal eine Maske.
Verstecke ich mich auch hinter einer Maske?
Ich verstecke mich – hinter meinem Lächeln, hinter meiner Stärke, hinter meinem Alltag. Aber vor Gott brauche ich das nicht. Er sieht mich so, wie ich bin – mit Angst, Freude, Müdigkeit und meinen Schwächen. Vielleicht ist das die schönste Botschaft des Zirkusbesuchs: Hinter allem Glanz und Schein sind Menschen – echt, verletzlich, voller Leidenschaft. Und Gott sieht genau das.
Er freut sich über jede und jeden, der sein Talent lebt – auf dem Seil, in der Manege oder einfach mitten im Leben. So wurde unser erster Zirkusbesuch zu einer Lektion des Glaubens: über Vertrauen, über Echtheit und über die Freude, das Leben zu feiern. Ganz ohne Maske.