hr2 ZUSPRUCH
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Becker, Michael

Eine Sendung von

Evangelischer Pfarrer, Kassel

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Acht Jahre alt und Lust auf Eis

Acht Jahre alt und Lust auf Eis, das passt. Er sitzt aber im Rollstuhl, kann seine Arme und Beine nicht bewegen und nicht sprechen. Sein Kopf fällt immer leicht nach rechts. Muskeln sind da auch keine. Die Mama ist mit ihm im Café, unter herrlichen Bäumen. Der Papa wohl auch. Oder es ist der Freund der Mama. Dazu die Oma. Und eine Freundin der Oma.

Eine muntere Runde beim Eis essen

Eine muntere Runde ist das. Und er im Rollstuhl in der Mitte. Acht Jahre alt und Lust auf Eis. Das bekommt er, wie alle am Tisch. Jeder hat einen Becher vor sich und löffelt genüsslich. Mama und Oma reichen dem Jungen immer wieder einen Löffel mit Eis. Er gibt Laute von sich.

Ein Junge im Rollstuhl mitten drin

 Scheinbar vergnügt. Die Erwachsenen sind im Gespräch. Dann schauen sie wieder ‘rüber zum Jungen im Rollstuhl. Ein neuer Löffel Eis oder Sahne. Manchmal kommt noch eine zweite Hand. Die hat ein Läppchen und wischt damit den Mund des Jungen ab.

Alle kümmern sich

Zwischen den Löffeln mit Eis sorgt jemand für die Atemmaske des Jungen. Hinten am Rollstuhl hängt eine Maschine, die beim Atmen hilft. Die Maske kommt kurz runter von Mund und Nase und ein neuer Löffel Eis wird gereicht. Wunderbar eingespielt das alles. Nacheinander legen alle am Tisch Hand an. Familie und Freunde. Man erkennt nicht, wer hier wer ist. Ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass sie alle da sind. Einfach so.

Gemeinsam Lasten tragen erleichtert vieles

Für einen allein wäre die Last zu groß mit dem Jungen und Eis und Rollstuhl und der Atemmaschine. Zu viert geht es besser. Wenn man nicht viel fragt. Dafür aber Hand anlegt. Ganz selbstverständlich. Die Last ist schon groß. Jeden Morgen und Abend. Und jede Nacht.

Niemand soll alleine tragen. Das fühlt man hier bei der Gruppe von Menschen. Wir verstehen nicht, warum das so ist mit der Krankheit des Jungen.

Gemeinsam tragen hilft, wenn Gott verborgen scheint

Oft erklärt sich Gott nicht. Da kann man schon mal zornig werden. Das hilft auch ein bisschen. Noch mehr hilft aber das gemeinsame Tragen. Wenn Gott sich nicht erklärt, hilft uns nur Tragen. Zusammen Hand anlegen. Jemand braucht Hilfe. Wir fragen nicht lange. Unsere Hände sind da. Auch Morgen wieder. Einfach so.