hr2 ZUSPRUCH
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Reuter, Eva

Eine Sendung von

Katholische Pastoralreferentin, Betriebsseelsorge im Bistum Mainz / Regionalstelle Rheinhessen

Tanzende Prophetin

Letztens war ich mal wieder tanzen. Eine Freundin feierte groß ihren Geburtstag und hatte in einen Club eingeladen. Zugegeben, es ist schon eine Weile her, dass ich samstagsabends regelmäßig zum Tanzen gegangen bin, aber es hat richtig Spaß gemacht. Ich finde: Manchmal muss man einfach tanzen. Vor allem, wenn man sich freut.

Mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her

Vermutlich hat das Mirjam auch so gesehen. Mirjam war die Schwester von Mose und Aaron aus der Bibel. Sie führte nach biblischer Überlieferung das Volk Israel aus Ägypten heraus. Die Bibel beschreibt, wie sich am Roten Meer das Wasser teilte und die Israeliten trockenen Fußes hindurchziehen konnten. Danach sind die Wassermassen zurückgeflutet und haben die ägyptischen Verfolger mit sich fortgerissen. In der Bibel steht: Mose stimmte darauf ein Loblied auf Gott an und „die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her. Mirjam sang ihnen vor: Singt dem HERRN ein Lied, / denn er ist hoch und erhaben! / Ross und Reiter warf er ins Meer.“ (Exodus / 2. Mose 15,20-21) 

Klug war sie schon als Kind

Mirjam wird als Prophetin bezeichnet, und es wird beschrieben, wie sie die Lobeshymne der Frauen anführte. Eine wichtige Frau also. Für ihre Bedeutung in der jüdischen Tradition spricht außerdem, dass der Ort ihres Grabes genannt wird. Das ist nur bei besonders wichtigen Menschen – meistens Männern – der Fall.

In der Bibel wird auch noch von einem Konflikt erzählt, den sie mit ihrem Bruder Mose hatte. (Numeri / 4. Mose 12-1-15) Sie scheint also eine meinungsstarke Frau gewesen zu sein. Klug war sie schon als Kind. Denn als Mose von seiner Mutter im Körbchen ausgesetzt worden war und von der Pharaonentocher aus dem Schilf gerettet wurde, schlug sie klug ihre Mutter als Amme vor. (Exodus / 2. Mose 2,7) 

Beispiel für eine respektvolle Überlieferung

Ich finde die Erzählung von Mirjam schön und bemerkenswert: Eine Frau, anscheinend unverheiratet, auf deren Wort man hört und die kluge Entscheidungen trifft. Und die ihre Freude im Tanz und mit Gesang ausdrückt. Das gefällt mir!

Und sie ist ein Beispiel für eine wertschätzende und respektvolle Überlieferung über eine Frau in der Bibel. Vielleicht ist es auch deshalb für mich wichtig. 

Weil ich das Leben feiere

Was mir beim Tanzen schon immer wichtig war, ist die Freude. Ich bin keine gute Tänzerin. Mein Tanzkurs ist ewig her und mein Mann tanzt nicht gerne, so dass ich ziemlich aus der Übung bin. Und auch beim „Freestyle“ auf der Tanzfläche gibt es einige Leute, die cooler und besser tanzen – aber das ist mir egal. Ab und zu muss ich einfach tanzen. Weil ich dann das Leben feiere. Ich freue mich über mein Leben, darüber, dass es mir gut geht und ich tanzen kann.

Ich will einfach nur tanzen

Ich will dabei gar nicht im Mittelpunkt stehen – ich will einfach nur tanzen. Heute denke ich an Mirjam, der es vielleicht damals am Roten Meer genauso ging. Sie war so voller Freude, sie musste einfach tanzen – egal, was die Leute denken oder sagen. Sicher hat sie nicht darüber nachgedacht, ob das zweieinhalb tausend Jahre später jemand mitbekommt. Also sollten wir vielleicht alle öfter mal einfach tanzen!