Hoffnung wachhalten
Freudige Gesichter. Menschen fallen sich erleichtert in die Arme. Tränen des Glücks. Zigtausende Menschen feiern auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv. Das waren für mich die Bilder der Woche. Vielleicht werden es die Bilder des Jahres.
Ein erster Schritt Richtung Frieden
Am Montag hat die Terrororganisation Hamas die letzten 20 noch lebenden Geiseln freigelassen. Als erster Schritt des Friedensplans für Israel und Gaza. Gleichzeitig schweigen die Waffen, die israelische Armee zieht sich aus Gaza zurück und Hilfslieferungen können endlich zu den hungernden Menschen dorthin kommen.
Wie schafft man das?
738 Tage Geiselhaft. Ich sehe die Bilder der frohen, aber auch ausgemergelten und blassen Menschen im Fernsehen und frage mich: Wie kann man eine solche Zeit überstehen? Als Geisel, in den Tunneln der Hamas, vielleicht im Dunkeln, abgeschnitten von der Außenwelt, in einer feindseligen Umgebung.
Die Hamas hatte vor Wochen ein brutales Bild in Umlauf gebracht: eine der Geiseln, ein abgemagerter Mensch, musste unterirdisch sein eigenes Grab schaufeln.
Monologe können helfen und die Vorstellung an ein normales Leben
Am Dienstag habe ich in der Süddeutschen Zeitung einen Bericht von Marcel Laskus gelesen. Er fragt darin: Was lässt einen Menschen eigentlich so ein Martyrium überleben? Was lässt ihn Mensch bleiben?
Geiseln, die vor längerer Zeit schon freigelassen wurden, haben davon erzählt. Innere Monologe haben ihnen geholfen. Gesunde Monologe. Die Vorstellung, wie es sein wird, wenn man wieder frei ist. Das Denken an die ganz einfachen Dinge. An ein ganz normales Frühstück mit seinen Lieben zuhause.
Auch Dankbarkeit hilft
Eine andere Geisel hat davon erzählt, dass sie bewusst eingeübt hat, dankbar zu sein. Dankbar, dass ein neuer Tag beginnt, egal was auch passiert ist. Andere haben Lieder gesummt, gebetet oder eine innere Mauer um sich selbst gebaut, um nicht zu zerbrechen.
Innere Ressourcen wie Hoffnung und Glauben, aber auch winzige Gesten von Menschlichkeit wie ein Glas Wasser – sie haben diesen Menschen geholfen zu überleben.
Hoffnung wachhalten
Wenn ich das höre, werde ich ganz nachdenklich. Und ich überlege, ob ich Menschen in Krisen Hoffnungszeichen schicken kann: Fürbitten in meinen Gebeten. Oder auf die Straße gehen, so wie die Menschen in Israel, die den Geiseln gezeigt haben: Du bist nicht vergessen. Wir halten die Hoffnung wach.